Archiv für den Monat: August 2005

Frustnäpfchen

Ich akzeptiere nicht, daß der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird. Die Frustrierten dürfen nicht über Deutschlands Zukunft bestimmen.

Das soll Stoiber gesagt haben. Letzte Woche schon, in Baden-Württemberg.

Man kann ja über den Osten und den Hang der Menschen dort zu Denkzettelwahlen denken, was man will, aber wer sowas sagt, der denkt nicht gesamtdeutsch. Bei dem ist der Osten immer noch ein Anhängsel, der doch bitte nichts in der Bundesrepublik mitzuentscheiden hat. Mit der Frustation hat Stoiber allerdings recht. Die meisten Wähler der Linkspartei werden wohl Frustwähler sein. Trotzdem ist der Ausspruch Blödsinn.

Die Wähler in Ostdeutschland entscheiden genauso _mit_, wer Bundeskanzler(in) wird. One (wo)man, one vote.

Das Vermögen liegt auf der Straße

Heute, auf dem Weg zur Mensa. Ich hab Hunger. Klar, sonst würde ich nicht zur Mensa gehen.

Über die Straße kommt ein Mann auf mich zu. Ich denke, der will nach dem Weg fragen.
-Mann: „Darf ich Sie fragen, ob Sie Student sind?“ – Ich: „Ja, bin ich“ (Ich denke: Er will immer noch nach dem Weg fragen und möchte gern wissen, wen er da fragt. Zur Kompetanzabschätzung, sozusagen.)
– „Was studieren Sie, wenn ich fragen darf?“ – „Biochemie“ (Vielleicht fragt er nur bestimmte Studienrichtungen nach dem Weg. Eventuell bevorzugt er Geographen.)
– „Welches Semester?“ – „Zehntes“ (Langsam denke ich, dass er nicht mehr nach dem Weg fragen will.)
– „Haben Sie schon mal über Altersversorgung nachgedacht?…“ (Ahhh, jetzt bin ich mir sicher, dass er nicht an einer Wegbeschreibung interessiert ist.) Ich nicke.
– „Hätten Sie Interesse an einer Beratung. Wir sind eine unabhängige Vermögensberatung und bieten keine eigenen Produkte an…“ – „Nein!“ Dann zeigt er mit noch einen Kugelschreiber, auf dessen Clip der Name der Firma steht. Hombach, glaube ich. Oder Hornbach. Hab ich schon wieder vergessen.

Ich habe kein Interesse an einer Beratung. Schon gar nicht, wenn mich jemand einfach so auf der Straße anquatscht. Geht’s der Branche so schlecht, dass sie schon wie Bettler Leute auf der Straße ansprechen müssen? Normalerweise stehen die in der Mensa. Da tue ich dann immer so, als würde ich sie nicht sehen. Werde ich dennoch angesprochen, weise ich darauf hin, dass ich jetzt hungrig bin und gerne essen würde. Warum bin ich sonst in die Mensa gekommen?!

Überhaupt: Vermögensberatung. Dazu müsste ich erstmal ein Vermögen haben, was sich beraten ließe. Habe ich aber nicht. Bin nämlich nur Student. Ohne reiche Eltern oder zeitaufwändigen Nebenjob.

Legastheniker bei der Phishbank

Phishingmails von der „Postbank“ sind ja nichts Neues. Heute hatte ich nun endlich auch mal so eine Mail im Postkasten.

Unter dem Betreff „Die Bestatigung der Daten“ schreibt die angebliche PostBankPolice:

Sehr geehrter Kunde,

In der letzten Zeit sind die Betrügereien mit den Bankkonten von unseren
Klienten öfters zustande gekommen. Im Zusammenhang damit sind wir gezwungen
nachträglich eine zusätzliche Autorisation von den Kontoihabern durchzuführen.
Die Sicherheitsabteilung von der Postbank traf die Entscheidung, ein neues
Datenschutzsystem einzusetzen. Dazu wurden von unseren Fachleuten sowohl die
Protokolle der Informations-übertragung, als auch die Art und Weise der
Kodierungt der übertragenen Daten neu gemacht.

Im Verbindung damit, bitten wir Sie, eine spezielle *Form der zusätzlichen
Autorisation auszufüllen*.

Diese Sicherheitsmaßregeln wurden nur zum Schutz der Interessen von unseren
Kunden eingesetzt.

Danke für die Zusammenarbeitarbeit,
Administration der Postbank

Folgt man dem Link, landet man auf www.postbanck.net. URL ist mittlerweile stillgelegt.

Solange Phishingsmails in solch holprigem Deutsch daherkommen, sollte es nicht allzu schwer sein, sie zu identifizieren. Wer seiner Bank eine solch schlechte Rechtschreibung und Grammatik zutraut, muss ein schlechtes Bild von seiner Bank haben.

Discovery, Vertrauensverlust und Gitarrenmusik

Der ehemalige Astronaut und heutige Professor Ulrich Walter ist sich offenbar nicht einig, ob die Spaceshuttle noch sicher sind und ob ein Flug ins All mit ihnen ungefährlich ist.

Im Interview mit dem Spiegel, online seit dem 1. August, sagt er:

SPIEGEL: Hand aufs Herz, würden Sie heute noch in einen Shuttle einsteigen?

Walter: Jeder Astronaut fliegt für sein Leben gern ins All. Aber solange die Nasa die Sicherheitsprobleme nicht gelöst hat, würde ich mich nicht wieder in einen Shuttle setzen – und auch sonst kein Astronaut. Das Vertrauen ist nachhaltig gestört.

SPIEGEL: Wie riskant war denn der Start der Raumfähre „Discovery“ am vorigen Dienstag wirklich?

Walter: Wie beim „Columbia“-Unglück vor zwei Jahren fiel vom Außentank wieder ein großes Schaumstoffteil ab. Diesmal ist unter anderem deshalb nichts passiert, weil sich der Isolierschaum erst in 60 Kilometer Höhe löste. In der dünnen Luft dort oben war der Fahrtwind zu schwach, um das Trümmerstück auf ein gefährlich hohes Tempo zu beschleunigen. […]

Klingt ja so, als wäre es total gefährlich und er würde sich niemals mehr in so ein Shuttle reinsetzen. Hören wir mal, was Walter zu diesem Thema am 2. August im heute-journal, mit breitem Grinsen im Gesicht, gesagt hat:

Marietta Slomka: Herr Walter, angesichts all dieser Probleme mit der Discovery, würden sie noch heute freiwillig in dieses Discovery-Shuttle steigen?

Walter: Wenn sie mich fragen, ob ich jetzt gerne da oben sein würde, ich würde sagen: Sofort, ja, ich würde gerne die Reparaturarbeit, die morgen ansteht, machen.

Slomka: Für wie gefährlich halten sie denn diese Notreparatur?

Walter: Der Astronaut Robinson hat heute in einem Gespräch gesagt, es ist eine heikle, aber einfache Reparatur. Die Betonung liegt auf einfach. […]

Slomka: Und sie machen sich gar keine Sorgen, dass da was schiefgehen könnte?

Walter: Nicht das Geringste! […]

Slomka: Also keine Gefahr, dass es zu einer solchen Katatrophe kommen könnte, eben mit diesen Hitzeschutzkacheln wie bei der Columbia.

Walter (kopfschüttelnd): Hier haben wir ein absolut anderen Fall. […] Es besteht nicht die geringste Gefahr.

Slomka: Und Sie meinen, die Astronauten, die jetzt da oben im All sind, machen sie auch keine Sorgen? […]

Walter: Sie werden wahrscheinlich das machen, was inzwischen Tradition auf der ISS ist: Sie werden sich die Gitarre rausholen und zusammen abendessen.

Hupsa, das klingt aber dann doch ganz anders als im Spiegel-Interview, Herr Prof. Walter. Können sie sich mal entscheiden, ob es nun gefährlich ist und die Astronauten vor lauter Angst kein Shuttle mehr besteigen würden oder nun guter Laune sind und Gitarre spielen.

Vielleicht sollte er bei der nächsten Interviewanfrage des Spiegel erst einmal genauer recherchieren, bevor er dem Redakteur geistige Schnellschüsse durchs Telefon diktiert.

Heute hat der Astronaut Robinson nämlich, wie gestern von Walter im heute-journal gesagt, das Füllmaterial einfach so herausgezogen.

Terror und Dummheit

Schriftsteller sind ja im allgemeinen eher nachdenkliche, besonnene Menschen. Aber Henryk M. Broder findet immer mal wieder welche, die aus der Art schlagen und dann in seinem Sinne gegen vermeintlich falschen Umgang westlicher Gesellschaften mit dem Terrorimus wettern. So geschehen und heute gelesen bei Spiegel Online in einem Interview mit Leon de Winter.

Leon de Winter schreibt auch im aktuellen Heft von Cicero, dass „wir“ im „Krieg sind“. „Wir“ ist der Westen, die anderen, die Feinde, das sind die Islamisten. Das ist genau die Verschärfung, genau die Stimmung, genau Eskalation, die die Terroristen erreichen wollen.

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