Archiv für den Monat: Mai 2006

Kerner und Air Berlin: Da fehlt was

Der nette Johannes B. Kerner, der seine Talkshowgäste mit dem Watte gepolsterten Samthandschuh anfasst und sich sofort entschuldigt, wenn eine Frage zu kritisch aufgefasst werden könnte, wirbt ja derzeit in TV-Spots und Print-Anzeigen für den Börsenstart des Billigfliegers Air Berlin. Da wird dann kräftig mit Testsiegen (Capital, Stiftung Warentest, ADAC) geworben und sagt der Onkel Kerner, der nur „auf Sieger setzt“, mit gehobener Augenbraue:

Fehlt nur noch: bester Börsenstart des Jahres.

Kerner ahnte wohl zur Zeit des Drehs des Spots noch nicht, wie sehr er recht hat. Denn nichts fehlt Air Berlin derzeit so sehr, wie das Zeug zum besten Börsenstart des Jahres: Das Unternehmen musste den Börsengang verschieben. Wohl deshalb, weil die Spanne für den Ausgabepreis zu hoch angesetzt war.

Kerner vermittelt allein durch seine onklige Art, die Aktie von Air Berlin sei ne ganz sichere Kiste und fast sowas wie eine Volksaktie. Und dem netten Herrn Kerner, wer will ihm denn nicht vertrauen?! Stattdessen ist das Ding eher eine Risikoaktie eines Unternehmens ohne Gewinn.

Nun man kann natürlich einwenden, die Menschen sollten wissen, das Aktien mit Risiken behaftet sind. Ja, sollte man auch. Aber warum nimmt man einen Menschen wie Kerner und macht gerade mit ihm Werbung für ein Risikopapier? Weil man das Vertrauen, dass die Leute dem Kerner entgegen bringen, für die Aktie nutzen will. Kerner macht das für Geld und seinen Kumpel, den Air-Berlin-Boss Hunold, wie schlecht die Leute nachher aus der Wäsche gucken, wenn der Börsengang in die Hose geht, ist ihm wohl eher wurscht. Soll er Leute zu Putenwurst und Tafelwasser überreden, aber bei riskanten Börsengängen wäre ein Stück Verantwortung angebracht.

Popetown: viel Lärm um nichts

Darum wurde nun so ein Wirbel gemacht, um diese kleine Zeichentrickserie Popetown? Einstweilige Verfügungen, Anti-Popetown-Webseiten, Ruf nach Religionsschutzgesetzen – kaum zu glauben, wenn man Popetown gesehen hat.

Ich finde, dass Popetown eher Trash ist, der sich in andere trashige Formate bei MTV (Pimp my Ride, Jackass, True Life, Date my Mom etc.) einreiht. Dabei hat sich diese Serie das Mäntelchen der Satire übergeworfen, aber darunter ist der Klamauk deutlich erkennbar. Religiöse Gefühle sind leicht zu verletzen, aber ein Verbot von Popetown wäre lächerlich. Der christliche Glaube ist nicht das Ziel der Serie, eine Verballhornung des Papstes muss man in einer pluralistischen Gesellschaft aushalten (oder eben abschalten in diesem Fall).

Mir gefällt Popetown nicht. Mir ist die Serie zu laut, zu krawallig, zu klamaukig, zu wenig bissig und politisch für eine Satire. Es ist eine krachbunte Cartoonserie, die sich mit dem Anschein einer Satire größer machen will als sie ist.

MTV hat es geschafft, durch die provokante Anzeige eine riese PR-Maschine anzustoßen, die ungeahnte Aufmerksamkeit für diese Serie sorgte. Die katholische Kirche und die CSU haben es mal wieder erreicht, sich vollkommen lächerlich zu machen angesichts dieser harmlosen kleinen Serie. Aber das mit den Diskussionsrunden, das sollten sie nochmal üben bei MTV. Markus Kavka hat sich wacker geschlagen angesichts der bis auf Smudo („Die CSU sollte auch verboten werden, sie verletzt meine freiheitlich-demokratischen Gefühle“) maulfaulen Diskutanden auf dem Podium.

Nachtrag: Die TV-Blogger haben die Quoten. 380.000 Zuschauer insgesamt, in der Zielgruppe (14-49Jährige, nehme ich mal an), waren es 290.000, das einem Marktanteil von sagenhaften 2,4% entspricht. Wenn das gute Quoten für MTV sind, was sind dann bitte normale Quoten? Ich dachte wirklich, nach diesem ganzen Tamtam in den letzten Wochen, das sich auch in den Printmedien abspielte, würden 1 Mio und mehr Leute MTV einschalten.

Popetown darf kommen, Kritiker wollen nicht kommen

Den Antrag des Erzbistums München und Freising einstweilige Verfügung gegen die Sendung Popetown hat das Landgericht München vorhin abgelehnt. Somit kann die Sendung heute wie geplant, inklusive Diskussionsrunde, ausgestrahlt werden.

Das Erzbistum berief sich bei der Klage auf den sog. Gotteslästerungsparagraphen (§166 StGB). Das Gericht sah aber den öffentlichen Frieden durch „Popetown“ nicht gefährdet. Außerdem stellte es klar, dass der §166 nicht in erster Linie dazu dient, Religionen zu schützen, sondern eher dazu, dass das gesellschaftliche Zusammenleben nicht zu sehr gestört wird.

Der Paragraph diene „zuvörderst dem Schutz des öffentlichen Friedens und nicht dem Schutz des einzelnen Gläubigen oder einzelner Religionsgemeinschaften“

10 Minuten vor und 55 Minuten nach Popetown findet eine Diskussion statt. Joachim von Gottberg, Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF), Johannes Vogel, Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, Dirk Tänzler, Mitglied des Bundesvorstandes des Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und Smudo von den Fantastischen Vier werden mit Moderator Markus Kavka über Popetown reden. Die heftigsten Kritiker von Popetown allerdings kneifen: CSU und das Erzbistum wollen lieber klagen als diskutieren.

Ist ja auch einfacher, da braucht man sich auch weniger Gedanken über die eigene Position zu machen. Eine gesellschaftliche Auseinandersetzung könnte ja dazu führen, dass man über das Thema Religion in der Gesellschaft nachdenkt. Wenn sie weiterhin nicht ernst genommen werden will, dann soll die katholische Kirche ruhig so weiter machen. Aber bitte stellt euch hinterher nicht hin und behauptet, ihr würdet den gesellschaftlichen Diskurs suchen. Jetzt entsteht der Eindruck, als würden da unten in der Nähe der Alpen kleine, verbiesterte Religionsfanatiker sitzen, die härtere Gesetze fordern, aber ansonsten nicht bereit sind, am gesellschaftlichen Diskurs teilzunehmen.

Videodownloader für Embedded Videos

An den vielfach verlinkten Videos von YouTube störte mich bisher, dass man die Videos nicht downloaden konnte (bzw. ich nicht wusste, wie ich die Videos downloaden kann).

Dank des Firefox-Plugins VideoDownloader wird das Speichern von eingebetteten Videos, egal ob Flash oder Quicktime oder sonstwas, ganz einfach:

Download videos from Youtube, Google, Metacafe, iFilm, Dailymotion… and other 60+ video sites ! And all embedded objects on a webpage (movies, mp3s, flash, quicktime, etc) ! Directly !

Die Flashfilme von YouTube im .flv-Format lassen sich danach z.B. mit dem FLV-Player abspielen.

[via: Basic Thinking]

Eva zurück an die Seite Adams

Die Diskussion über Geburtenrückgang und Familie treibt manch seltsame Blüte. Teilweise geht sie mittlerweile ins Absurde ¹ über:

[Frauen] sind im beruflichen Kampf gegen die Männer am Ende ihrer Kräfte und Ressourcen angelangt. Sie sind ausgelaugt, müde und haben wegen ihrer permanenten Überforderung nicht selten suizidale Fantasien.

[…] die […] Vorzeigefrauen [sollten sich] fragen lassen, welche Ziele sie eigentlich leiten. Die ehrliche Antwort wäre: Es sind Selbstgefälligkeit und Eitelkeit.

Es darf ihr [der Frauen] Glück nicht allein darin bestehen, Geld zu verdienen und sich in der männlichen Berufswelt zu behaupten.

Es ist die Frau, die in der Wahrnehmung ihres Schöpfungsauftrages die Familie zusammenhalten kann […]

Seit einigen Jahrzehnten verstoßen wir Frauen zunehmend gegen jene Gesetze, die das Überleben unserer menschlichen Spezies einst gesichert haben.

[wir] lähmen […] jede starke Männlichkeit in unseren Partnern, die wir uns in der Tiefe unserer Seelen sehnlichst wieder herbeiwünschen.

Sagt mal, ihr Frauen da draußen, erkennt ihr euch in solchem Geschwurbel wieder? Das da oben sagt nämlich eine Frau über euch. Diese Frau ist Eva Herman und hat im aktuellen Mai-Heft des Cicero einen Artikel verfasst, in dem sie fragt, ob die Emanzipation ein Irrtum war.
Zumindest einige prominente Frauen halten sie nicht für ein Irrtum, lesenswert ist die Antwort von Amelie Fried.

In Hermans Augen hat die Emanzipation die Frauen in den Beruf gezwungen und raubt ihnen damit das Glück und die Erfüllung, die man wohl nur mit Kind und Mann findet. Und Mann und Frau dürfen ruhig wieder in alte Rollenbilder schlüpfen: Frau für den Haushalt und die Kinder, der Mann fürs Geldverdienen und den Hammerschlag auf den Nagel in der Wand. Es ginge ihr nicht, um die „schwärmerische Familienverklärung“, so Herman. Doch, doch, genau darum geht es aber. Da hilft auch nachträgliche die Verneinung der Stoßrichtung des eigenen Artikels nichts.

Wie kommt man als beruflich erfolgreiche Frau, Mutter und Ehefrau eigentlich darauf, dass die Emanzipation falsch sei? Wie kommt man darauf, dass Gleichberechtigung falsch ist? Dass die Emanzipation mitverantwortlich ist für den Geburtenrückgang ist schon klar. Aber was ist daran falsch? Ist das nicht vielmehr ein Ausdruck dafür, sich Frauen endlich für oder gegen Kinder entscheiden dürfen; dafür, dass die jetzt verklärte Großfamilie zumindest von den Frauen oft nicht gewünscht war? Und ist nicht gerade die Freiheit, wählen zu dürfen, die Freiheit, ein eigenes, selbstbestimmtes Leben zu führen, die Errungenschaft der Emanzipation?

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