Archiv für den Monat: Juli 2006

Wenn schon bezahlte Blogeinträge, dann bitte auch kennzeichnen

Die Sache mit dem Bloggen könnte so einfach sein. Blogger schreiben aus Lust und Laune, aus Spaß an der Freude. Sie schreiben so, wie sie es selbst gerne lesen würden. Und sie vermeiden das, was sie woanders ankotzt: PR-Gesülze und nichtgekennzeichnete Werbung. Im Gegenzug dazu genießen Blogs einen gewissen Vertrauensvorschuss und sie umweht ein Hauch von Authentizität.
Stichwort ist Glaubwürdigkeit: man glaubt dem Blogger, der will nur spielen, der macht das in seiner Freizeit und lässt sich nicht vor irgendeinen Karren spannen. Dachte ich.

Opelblogging und Coca-Cola-WG, ok, ging irgendwie in Ordnung, man wusste von vornherein, dass es PR-Aktionen sind. Beim Opelgeblogge ging es sogar so offen zu, dass nachher sogar Zahlen genannt (1200 + 200 Euro Tankgutschein für jeden Blogger) wurden.

Jetzt die nächste Aktion: Die Suchmaschine ask.com (über die ich auch schon mal gebloggt hatte) startet eine sog. Beta-Challenge. Bei heise.de macht man dafür auch Werbung. Heise schreibt dann auch, wenn auch ziemlich klein, „Anzeige“ oben rüber. Nico Lumma, der auch auch schon das Opelblogging eingerührt hatte, hat sich für Ask.com ein paar Blogger ausgeguckt, die die Ask-Challenge promoten sollen. Dafür gibt es wohl auch ein paar (?) Euro. (siehe Nicos Kommentar bei Jörg-Olaf)

So weit, so problemlos. Wäre da nicht die Sache mit Kennzeichnung. Das Berichten über die Aktion von Ask.com, sofern die Idee zum Bericht nicht auf dem eigenen Mist gewachsen ist, ist ganz klar Werbung. Dann schreibt man das auch oben drüben oder unten drunter. Und zwar klar und deutlich und wurschtelt sich da nicht mit einem „das ist eine Kooperation mit Ask.com“durch.

Journalist Don Dahlmann, der auch schon einen gesponsorten Opel fuhr, wurde demnach sogar nur „per Mail auf den Betatest hingewiesen“. In den Kommentaren bei Jörg-Olaf eiert er dann aber ziemlich rum, dass er kein Geld für Aktion nehmen würde und sowieso mal was über einen Google-Konkurrenten schreiben wolle. Der Popkulturjunkie schreibt einen Werbetext. Hinterher kommt die federfühende Agentur und meckert am Text rum. Der Junkie wundert sich dann, dass er bezahlte Werbung nicht so schreiben darf, wie er will sondern der Auftraggeber mitbestimmen will und nimmt an den Text wieder raus. Ja, bitte, wie naiv kann man denn sein? Wer zahlt, bestimmt den Inhalt. Der Schockwellenreiter macht’s knapp und eindeutig: „Das ist eine bezahlte Aktion von ask.com“.

Was soll der Scheiß mit dem Kooperationsgeblubber? Das ist Gewäsch. Ich will wissen, wenn ein Blogeintrag Werbung ist. Punkt. Aus.

Nochmal Coca-Cola und Kolumbien beim Spreeblick

Vor ein paar Tagen noch, da kritisierte Johnny die Blogosphäre wegen der seiner Meinung nach kritiklosen Berichterstattung über Coca-Cola. Nun wollte er wohl nicht mehr länger warten über Aufklärung im Fall Coca-Cola und möglicher Verstrickungen um Ermordungen von Gewerkschaftern in Kolumbien, hat sich 5 Tage hingesetzt, recherchiert, war auf einer Anti-Coca-Cola-Konferenz in Berlin und sprach mit dem Sprecher von Coca-Cola.

Herausgekommen ist ein langer Artikel, der vieles zusammenfasst und bis auf das Interwiew mit dem Coca-Cola-Sprecher Pablo Largacha nichts neues bietet. Die Verwirrung bleibt, das weiß Johnny auch selbst:

Dieser Artikel ist das Ergebnis von etwa fünf Tagen intensiver Arbeit am Thema und ich werde das frustrierende Gefühl nicht los, der Wahrheit kein Stück näher gekommen zu sein.

Genau diesen Eindruck hat man, wenn man seinen langen Artikel liest. In solch ein komplexes Thema über Vorgänge am anderen Ende der Welt, von der wenig unabhängige (englischsprachige) Quellen vorhanden sind, lässt sich mit den bescheidenen Mitteln eines Bloggers aus Berlin wenig Licht ins Dunkel bringen.

Dennoch ist der Beitrag beim Spreeblick nicht nutz- oder sinnlos. Er fasst das Thema zusammen, verlinkt die Argumente beider Parteien und gibt Coca-Cola die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Er schafft damit Öffentlichkeit. Diese Öffentlichkeit war es erst, die Coca-Cola zu einem Dialog zwang, wie auch Largacha selbst zugeben muss.
Blogs verstehen sich als Öffentlichkeit, besonders dort, wo durch die Presse nicht genug Öffentlichkeit geschaffen wird. Außerdem ist ein Blog für sich genommen wenig wert, Blogs entfalten ihre Schlagkraft erst durch die Zusammenarbeit vieler anderer Blogs und deren gegenseitige Verlinkung. Vielleicht geht die Aufklärung in einigen anderen Blogs weiter und es kommt letztlich wirklich ein Mehrwert für alle dabei heraus. Mal gucken, ob die kollektive Intelligenz was erreichen kann. Viele in der Blogosphäre sind jetzt für das Thema Coca-Cola und Kolumbien sensibilisiert.

Der Spiegel und das IW

Wenn der Spiegel oder Spiegel Online das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft zitiert, dann fehlt meistens eben genau dieser Hinweis, dass es ein Wirtschaftsforschungsinstitut der deutschen Arbeitgeber (Konzerne, Arbeitgeberverbände) ist. Das hat die Spiegelkritik in einem großen Artikel recherchiert.
Mir fehlt jetzt noch die Gegenüberstellung, wie oft andere Wirtschaftsinstitute zitiert werden.
Wirtschaftsforschungsinstitut klingt nach objektivem, rein wissenschaftlichen Standpunkten. Dass dahinter auch Interessen der Geldgeber des Instituts stecken könnten, kommt einem natürlich nur dann in den Sinn, wenn man von diesen Verbindungen weiß. Dazu gehört ein Hinweis, dass ein Forschungsinstitut, eine Stiftung oder was auch immer arbeitgebernah, gewerkschaftsnah oder parteinah ist.

Coca-Cola, mangelnde Kritik und die Blogosphäre

Spreeblick-Johnny glaubt, er habe eine Wunde entdeckt. In der Blogosphäre. Doc Haeuslers Diagnose: mangelnde Fähigkeit, kritisch genug mit einem Thema umzugehen.

Das Thema ist Coca-Cola. Sponsor einer Fußball-WG und obendrein verdächtig, in Kolumbien mit Gewerkschaftsmördern gemeinsame Sache gemacht zu haben. Um die letzte Sache geht es Johnny: Er fühlt sich über diesen Punkt zu wenig informiert in der Blogosphäre, wenn das Thema Fußball-WG behandelt wird:

Ein schlichter Satz wie „mein Kumpel besucht übrigens morgen die WM-WG eines Konzerns, der sich derzeit mit einiger Kritik auseinandersetzen muss“ mit einem Link würde mir als Leser ja schon reichen. […] Nicht das Richten wünsche ich mir, sondern das Be-richten.

Nunja, einerseits hat Johnny recht, anderseits auch wieder nicht.
Es gab Berichte in Blogs über Coca-Cola und Kolumbien und Grundwasserbohrungen in Indien. Und das nicht nur in kleinen Blogs, die höchstwahrscheinlich nicht in seinem Feedreader sind, sondern z.B. auch an der Blogbar. Dort sogar mindestens zweimal. Hier hat Johnny in erster Linie schlecht recherchiert. Das gibt er ja auch selbst zu. Das Thema ist nicht neu (Übersicht bei Labournet), in der Presse wurde der Vorwurf schon häufiger behandelt, der Mordvorwurf stammt aus dem Jahre 2002, es gab immer wieder Aktionen gegen den Brausehersteller und im Juni wurde dann in USA Klage gegen Coca-Cola eingereicht. Blogger würden hier also keinen Skandal ausgraben, sondern lediglich weiter publik machen. Ist ja zugegebenermaßen eine wichtige Aufgabe und durch die Vernetzung eignen sich Blogs dafür vorzüglich.

Insofern hat Johnny also Unrecht, wenn er beklagt, es gäbe keine Behandlung der Sache in der Blogosphäre. Das Ausmaß der Behandlung ist angesicht des Gewichtes des Themas sehr gering, aber das Thema ist nicht neu und die Blogosphäre stürzt sich meist auf aktuell hochkochende Themen.

Recht hat Johnny aber wiederum auch. Denn in den den vielen Berichten rund um die Cola-Fußball-WG wurden die Mordvorwürfe nicht thematisiert, besonders nicht in Blogs von denjenigen, die selbst in dieser WG zu Besuch waren und dann über den Besuch bloggten. Das ist tatsächlich eine schwache Leistung. Die vielen bloggenden WG-Besucher haben sich wohl offenbar keine Mühe gemacht, sich über den Sponsor mal ein wenig zu informieren. Ein Blick in die Wikipedia hätte ja schon gereicht als Einstieg.
Die Kritik an der Brause-WG ging meist in die Richtung, dass sich Blogger kaufen lassen und sich zu billigen Contentnutten gemacht haben. Stimmt sicher auch, aber um wieviel schärfer, um wieviel bedeutender hätte die Debatte ausfallen können, wenn man die Mord- und Umweltverschmutzungsvorwürfe mit in die Diskussion einbezogen hätte? Vielleicht fehlt uns Bloggern noch das Gefühl, welche Themen wirklich wichtig sind und welche eher nicht. Jedem ist was anderes wichtig und von dieser Vielfalt lebt ja die Blogosphäre, aber manche Themen gehen ohnehin in Wellen durch seeehr viele Blogs (Abmahnungen beispielsweise).

Johnny muss sich aber bei aller Kritik an die eigene Nase fassen. In seinem Spreeblickverlag hat er das Politkblog lautgeben. Dort wäre eine geeignete Plattform gewesen, das zu thematisieren bzw. dort sollte er die Leute haben, die solche Dinge anpacken. Leider ist bei lautgeben seit einigen Monaten, nach dem Weggang einiger Blogger nicht mehr viel los. Es war ja mal anders.

Letztlich geht es um das Thema Relevanz von Blogs und wieviel Mehrwert sie im journalistischen Bereich bringen, wie hoch ihr Gewicht als Korrektiv zu schlampiger oder ungenügender Recherche der Presse sein kann.

Duden bevorzugt *der* Weblog

Der Duden nimmt in seine kommende 24. Auflage das Wort Weblog auf. Und beschließt, dass ein Blog männlich ist und es der Weblog heißen muss. Möglich ist aber auch das Weblog. (siehe Nachtrag) Was auch sprachlich logischer wäre, denn für der spricht nunmal gar nichts, für das sehr viel: es heißt das Log(buch), folglich müsste es auch das Weblog heißen.

Wie kommt der Duden darauf, dass Blogs männlich sind? Sprachlich ist es für mich nicht herzuleiten.

[via: Basicthinking]

Nachtrag (5. Juli): Kommando zurück. Der Duden bevorzugt nicht der vor das. Im Gegenteil. Wegen der Hitze gestern wegen des bevorstehenden Halbfinalspiels Weil ich offenbar nicht richtig lesen kann und der Scan bei den Freudinnen so schlecht war, hab ich da was durcheinander gebracht. Das Weblog ist vom Duden bevorzugt, der geht aber auch. Danke an Dorin Papa für seinen Kommentar.

4 Wochen Readers Edition

Vier Wochen ist es jetzt her, dass die Readers Edition (RE) online ging. Nach dem großen Echo in der Blogosphäre zum Start ist eher ruhig geworden um die RE – und in der RE. Sechs bis acht Beiträge am Tag sind das höchste, was in der letzten Zeit erreicht wurden, am 30. Juni und 1. Juli gab es zwei, am 2. Juli dann gar keinen Artikel mehr. Der 3. Juli hatte dann wieder sechs.

Und selbst die vorhandenen Artikel haben für mich keine Relavanz. Nun bin ich zwar kein staatlich geprüfter Relevanzbeauftragter, aber ich weiß, wann mir das Lesen eines Artikels einen Mehrwert bringt und wann nicht. Und das Lesen der RE-Artikel bringt eben keinen. Weder inhaltlich noch sprachlich. Ich kann dort nichts lesen, was ich nicht schon woanders auch und meistens auch besser habe lesen können. Außer dem Lokalteil vielleicht, aber der interessiert mich nicht.

Der einzige Artikel, der mal ein Thema von einem anderen Standpunkt aus betrachtet hat, war der Beitrag über die gezielte Tötung von Zarquawi. Allerdings wurde hier mit unsauberen Mitteln gearbeitet, denn Merkel wurden Worte in den Mund gelegt, die sie so nie gesagt hatte. Nichtsdestotrotz war es eine andere Stimme im Chor des Jubels, über die Tötung von Zaquawi: Ist das rechtens gewesen, hätte man Zaquawi nicht besser festnehmen und dann verurteilen müssen? usw.

Danach kam für mich nichts mehr von Bedeutung. Nicht mal meine Hoffnung, dass die RE die besser verständliche, die pointiertere Zeitung sein könnte, die von vielen Quellen abschreibt, ein bisschen selbst recherchiert und dann gute Zusammenfassungsartikel rausbringt, hat sich nicht erfüllt. Mein Wunsch nach dem Archiv hat sich aber erfüllt. Das Plugin dafür scheint aber seltsam, denn die Archivseiten haben keine URI und können nicht verlinkt werden.