Klick & Knast

„Wir haben leider durch das Bundes- Verfassungsgericht in den letzten Monaten einige Einschränkungen hinnehmen müssen“, sagte Schünemann der Netzeitung mit Blick auf die Rasterfahndung, den so genannten Lauschangriff und die präventive Telefonüberwachung. „Dass diese Maßnahmen von den Richtern teilweise eingeschränkt wurden, hat das Aufspüren von islamistischen Terroristen nicht gerade erleichtert“, kritisierte der CDU-Politiker. „Das ist bedauerlich, weil eine effektive Terrorbekämpfung erschwert wird.“
(Niedersachsens Innenminister in der Netzeitung, 11.10.06)

Tja, so ist das mit dem Rechtsstaat. Der darf halt nicht alles, was man für die Verbrechensbekämpfung gerne hätte. Und das ist auch gut so. Ich bin sehr froh, dass es das Bundesverfassungsgericht (BVG) gibt, sonst würden sog. Sicherheitspolitiker gänzlich durchdrehen.

Hintergrund der Nörgelei ist die Festnahme eines „Terrorverdächtigen“ durch eine präventive Telefonüberwachung. Diese Überwachung auf Verdacht hin hatte das BVG verboten. Um zu einem Terrorverdächtigen zu werden reicht es außerdem aus, wenn man ein paar Botschaften von Osama bin Laden verbreitet. Werden seine Botschaften nicht auch bei Al Dschasira und CNN verbreitet?

Die Botschaften wurden ja auch über das Internet verbreitet und das ist schließlich was ganz böses, das weiß auch der Schünemann. Das ist sogar so böse, dass sogar schon das Anklicken einer Seite von vermeintlichen Terroristen schon wie Kinderpornografie bestraft werden soll:

„Das Herunterladen von Hassbotschaften aus dem Internet sollte ein eigener Straftatbestand werden.“

Irgendwie verwischen hier ganz gewaltig die Begriffe und das ist wohl auch so gewollt. Propagandisten, also diejenigen, die radikale Schriften verbreiten, werden nicht mehr als solche bezeichnet sondern gleich mal als „Terroristen“ eingestuft. Differenzierungen verkomplizieren Sachverhalte ja auch nur unnötig.
Was meint der Herr Schümann überhaupt mit „Herunterladen“? Jeder Aufruf mit dem Browser ist im Grunde ein Herunterladen einer Datei. Also würde schon ein Klick, auch zu Informationszwecken (es soll ja Leute geben, die sich einfach nur über die religiösen Spinner informieren wollen) auf eine islamistische Propagandaseite reichen, um ins Gefängnis zu wandern.

Propagandisten, sofern sie rechtswidrige Dinge (Volksverhetzung, Aufruf zu Gewalt etc.) von sich geben, gehören beobachtet und am Ende auch bestraft – als Propagandist, nicht als Terrorist, soviel Differenzierung muss noch möglich sein. Dass das auch im Internet passieren muss, versteht sich eigentlich von selbst. Bestraft werden sollte dann der Urheber, nicht derjenige, der auf die Seite raufklickt.

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