Archiv für den Monat: Februar 2007

Schäuble, der Überzeugungstäter

Schäuble ist zum Überzeugungstäter geworden. Seit seinem Amtsantritt als Antiterror Innenminister verhält er sich so seltsam. Vorher konnte ich ihn noch einigermaßen leiden. Im Innenministerium müssen sie ihn mal beiseite genommen und ihm was eingeflößt haben, was nicht gut war für ihn. Anders kann ich mir seinen Wandel zum Hardliner kaum erklären. Seitdem verlangt er ständig nach neuem Spielzeug, möchte Flugzeuge abschießen, alles und jeden überwachen und wenn ein Gericht sagt, „Nein, das geht so nicht“, dann ändert er die Gesetze so, dass es geht.

Schäuble sieht überall den Terroristen lauern. Er scheint besessen davon zu sein, alles und jeden zu jeder Zeit kontrollieren zu können. Gerichte stehen ihm da nur im Weg:

taz: Auf der Computerfestplatte findet man auch sehr persönliche Details zu Liebe, Gesundheit und Steuererklärung. Wie wollen Sie den „Kernbereich privater Lebensführung“, dessen Schutz das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe besonders angemahnt hat, beachten?

Schäuble: Ich kenne und respektiere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Privatsphäre. Aber wir müssen auch sehen, dass dieser Schutz in der Alltagswirklichkeit praktikabel bleibt. Verbrecher und Terroristen sind klug genug, so etwas auszunutzen. Die tarnen ihre Informationen dann zum Beispiel als Tagebucheintrag. So leicht dürfen wir es denen nicht machen.

taz: Der Strafrechtsprofessor Matthias Jahn hat am Dienstag in einem taz-Interview vor der Einführung von Onlinedurchsuchungen eine Grundgesetzänderung gefordert, da es um Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung geht. Sehen Sie das auch so?

Schäuble: Bisher nicht. Aber wir werden prüfen, ob eine Verfassungsänderung nötig ist.

(Interview mit der taz vom 08.02.07)

Soll wohl heißen: Was das Verfassungsgericht sagt, ist ja schön und gut, aber wenn es um Terrorismus geht, kann man solche Kinkerlitzchen nicht beachten. Und wenn es mit einem normalen Gesetz nicht getan ist, dann wird halt das Grundgesetz geändert. Was nicht passt, wird passend gemacht. Natürlich alles zu unserem Besten:

taz: Verstehen Sie, wenn die Menschen beunruhigt sind, weil die Sicherheitsbehörden immer neue Befugnisse bekommen?

Schäuble: Die meisten Menschen sind über Terrorismus und Kriminalität beunruhigt, nicht über polizeiliche Schutzmaßnahmen. Sie wollen, dass der Staat ihre Sicherheit garantiert.

Das ist doch verrückt! Schäuble redet ja grad so, als würden täglich Bomben in der Bundesrepublik hochgehen. Aber der glaubt das alles, wovon er da redet. Der ist wirklich davon überzeugt, dass er das Richtige tut. Gruselig.

[via: Verwickeltes]

Das seltsame Verständnis vermeintlicher Elite von der Demokratie

Die vermeintliche Elite scheint früher oder später die Bodenhaftung, die Erdung zu verlieren. Dann macht sich ein gewisses Gefühl der Überlegenheit gegenüber der Masse, die man nur noch von Weitem sieht, breit. Ja, man könnte fast sagen, es entsteht ein Ekel bei dem Gedanken, dass diese Menschen da unten, die es nicht „geschafft“ haben, könnten nun trotzdem was zu sagen haben, könnten was mitbestimmen.

So kommt es dann, dass Horst Teltschik ein bisschen mit der Diktatur flirtet:

Es ist die Tragik jeder Demokratie, dass bei uns jeder seine Meinung öffentlich vertreten darf und dass man politisch Verantwortliche in einer Demokratie schützen muss. In Diktaturen würde so etwas nicht passieren.

Alles aufgebauscht? Mag sein, aber das Schutzbedürfnis der „Elite“ verspürt auch Prof. Vaubel:

[…] Abgesehen von Zwei-Kammer-Systemen und qualifizierten Mehrheitserfordernissen finden wir in der Verfassungsgeschichte noch eine dritte Lösungsmöglichkeit, wie die Leistungseliten vor der Tyrannei der Mehrheit geschützt werden können. […]

[…] Welche Vorkehrungen trifft unsere Verfassung, um die Leistungseliten vor der Mehrheit zu schützen? […]

(Beitrag von Vaubel am 01.02.07 in seinem Blog „Wirtschaftliche Freiheit“ unter dem Titel „Der Schutz der Leistungseliten in der Demokratie“)

Das wäre noch zu definieren, was die Leistungselite wäre. Für Vaubel sind das die finanziell Potenten. Eine seltsame Definition. Einerseits gibt es eine Menge Menschen, die lediglich durch Erbschaft zu sehr viel Geld gekommen sind. Andererseits gibt es viele Menschen in sozialen Berufen (Krankenwesen, Betreuungswesen), die kaum finanzielle Potenz haben, aber für das Funktionieren des Gemeinwesens eine bedeutende Rolle spielen. Darüber sollte Vaubel nachdenken, wenn er sich ins Auto setzt oder das nächste Mal aufs Uniklo geht, das von Putzfrauen gesäubert wird.

Aber davon abgesehen, dass Vaubels Definition von Elite über das Vermögen oder das Einkommen ziemlich Schlagseite bekommt, so offenbart es doch ein gravierendes Missverständnis von Demokratie. Die funktioniert nunmal auf der Basis, dass jeder Menschen die gleichen Rechte, jede Stimme das gleiche Gewicht hat.

Außerdem wüsste ich nicht, wo wir in Deutschland ein Problem damit hätten, dass die Elite von der „Tyrannei der Mehrheit“ bedroht wäre. Es ist wohl eher so, dass die wirtschaftliche und finanzielle Eliten in Form von Lobbyisten gehörigen Einfluss ausübt. Mehr als ihnen zusteht.

Die Gefahr vor der Masse verspüren aber nicht nur Sicherheitsberater oder VWL-Professoren. Auch andere vermeintliche Eliten aus dem Bereich der Publizistik haben ähnliche Bedenken, wenn jetzt jeder plötzlich von seinen demokratischen Rechten Gebrauch macht.

Wenn mich was richtig ankotzt, dann ist es Überheblichkeit und Selbstgefälligkeit.

Das Problem der Elite mit der gemeinen Mehrheit des Volkes ist aber nicht neu. Schon im antiken Griechenland wurde die Demokratie als Ochlokratie – als Pöbelherrschaft – verunglimpft.

[via: Statler & Waldorf]

Onlinedurchsuchung: maximal invasiv

Der Wunsch nach einer Onlinedurchsuchung* von unseren Antiterrorministern geht konsequent einen falsch eingeschlagenen Weg weiter: der Staat muss jederzeit überall hingucken können.
Egal ob Großer Lauschangriff**, Wunsch nach präventiver Telefonüberwachung, Kameraüberwachung des öffentlichen Raums, Vorratsdatenspeicherung, Kontoabfrage oder eben jetzt die Online-Durchsuchung von privaten Rechnern.

Der Große Lauschangriff erlaubt das Abhören von Privatwohnungen. Er erlaubt aber, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, kein Mitschneiden von privat Gesprochenem. Eine Onlinedurchsuchung ginge noch viel weiter als der Große Lauschangriff. Der ist „vergleichsweise ‚minimal invasiv‘:

Die Behörden können mit Hilfe eines entsprechenden so genannten „Bundes-Trojaners“ den heimischen Computer sogar komplett fernsteuern: Webcam einschalten, akustische Raumüberwachung per Mikrofon, Abhören von Internet-Telefonaten, Mitlesen von Chat und Email, Live-Übertragung von Webseitenabrufen – dagegen ist selbst der „Große Lauschangriff“ vergleichsweise minimal-invasiv. Denn die „Online-Durchsuchung“ geht weit über den Lauschangriff hinaus: Nicht nur das aktuell gesprochene Wort wird registriert, sondern die Ermittler bekommen Zugriff auf archivierte und möglicherweise verschlüsselte Daten, für die sonst ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht.

Naturgemäß liefe eine Übernahme und Durchsuchung des Rechners heimlich ab. Heimlich heißt aber auch immer, es ist hinterher im Strafprozess nicht mehr zu untersuchen, ob alles mit rechten Dingen abgelaufen ist. Aber gerade die Klarheit der Methoden, die nachträgliche Überprüfbarkeit ist ein Merkmal des Rechtsstaats.

Ein Merkmal dieses Rechtsstaates ist es auch, dass er nunmal nicht alles machen darf, was vielleicht zur Durchsetzung eines Ziels unter Umständen nötig ist. Er darf z.B. auch nicht foltern. Irgendwie scheint ein grundlegendes Verständnis dafür, dass es eine Errungenschaft ist, dass der Rechtsstaat sich an Regeln zu halten hat, verloren zu gehen. Ein vages Versprechen für „mehr Sicherheit“ scheint zu reichen, damit der öffentliche Protest weitgehend erlahmt ist.

* Es gibt ja Leute, die halten Onlinedurchsuchungen für ein Hoax, für schlechte Recherche und nicht machbar. Demnach würden BGH, Bundesanwaltschaft und Innenminister nur einem Hoax hinterherrennen. Man sollte aber davon ausgehen, dass das Hacken eines Rechners von mehr oder weniger Computerlaien kein Problem darstellt. Die entsprechenden staatlichen Stellen dürften ihre Mittel und Methoden haben.

** Der Große Lauschangriff wurde damals (1998) mit dem Kampf gegen die Organisierte Kriminalität (OK) begründet. Das war der politische Propagandabegriff für jedes Gesetz, bevor mit dem „Kampf gegen den Terror“ ein noch viel besserer „Grund“ auftauchte. Die Methode damals war die gleiche: Angstmacherei.

Anne Will und Frank darf auch

Schade. Die Entscheidung über die Christiansen-Nachfolge ist typisch für die ARD: ein Kompromiss. Anne Will übernimmt die Sonntagabend-Talkshow, aber Plasberg bekommt als Trostpflästerchen auch eine Sendung im Ersten.

Plasberg, der für seine Sendung „Hart aber fair“ zu Recht hochgelobt wird, war der ARD wohl zu gefährlich. Plasberg fordert von seinen Gästen Antworten und lässt sich selten mit Geschwätz abspeisen. Da hätte es echte Diskussionen am Sonntagabend gegeben.

Anne Will dürfte zahmer sein. Sie ist als Tagesthemen-Moderatorin zwar gut, aber das war Christiansen auch. Doch dann mutierte sie in ihrer Talkshow zu einer Randfigur, die der Moderation einer politischen Talkshow nicht gerecht wurde. Ein kleines Studio, von dem aus man – für dieses Thema in diesem Moment gut vorbereit – in einer 1:1-Situation einen Politiker befragt, ist eben doch was anderes als eine Runde öffentlichkeitserprobter und -geiler Politiker zu zähmen.

Das Experiment, einer guten Tagesthemenmoderatorin eine Talkshow zu geben, ist ja mit Christiansen und Gabi Bauer nun schon zweimal schief gegangen. Ich fürchte, mit Anne Will passiert das gleiche.

Nachtrag (07.02.07): Wie es aussieht, darf Plasberg mit seiner Sendung „Hart aber fair“ vom Kinderzimmer WDR ins Wohnzimmer in die ARD umziehen.

Neuer Spamschutz: Bist du menschlich?

Mittlerweile kriege ich an die 100 Spamkommentare pro Tag und weil hin und wieder ein „guter“ Kommentar dabei ist, gucke ich mir die Spamliste auch an. Nach ein paar Tagen wächst die Liste und ich habe keine Lust mehr drauf.
Deshalb gibt es ab sofort ein kleine Hürde für die Spambots, die aber keine Hürde für einen menschlichen Kommentator darstellt. Von Captchas, diesen kleinen unlesbaren Bildchen mit Buchstaben drin, halte ich nichts.

Und so einfach funktioniert es: Zum Absenden eines Kommentars muss in der Checkbox „SPAMSCHUTZ, Ich bin menschlich?“ ein Häckchen gesetzt werden. Das wars schon.

Einige Spambots werden die Sache sicher spitzkriegen und einfach ein Häkchen reinsetzen in die Checkbox, aber ich hoffe, das Spamaufkommen damit um einen Faktor von – sagen wir mal – 10 zu reduzieren.

Ausgedacht hat sich diesen simplen Spamschutz Frank Bueltge. Die Kollegen von F!XMBR haben damit anscheinend gute Erfahrungen gemacht.

6 Mrd. Euro, 31% Rendite

Wenn mir jemand erzählt, er könne aus meinem Geld in einem Jahr 31% Rendite herausholen, dann würde ich denjenigen für einen Gauner halten, der das nicht mit legalen Mitteln schaffen kann.

Die Gauner Deutsche Bank schafft das. Natürlich nicht für ihre Kunden (bzw. nicht für Otto-Normalkunde), sondern für sich selbst. 6 Milliarden Euro stehen als Gewinn zu Buche.

Ich hatte auf die Ankündigung gewartet, dass man jetzt ein paar Tausend Leute rauswirft, weil man wettbewerbsfähiger werden müsse, weil andere Banken ja noch mehr verdienten. Das war aber wohl dem Ackermann zu pervers und er kündigt die Stellenstreichungspläne eben erst in zwei Monaten an.

Ich finde das pervers, nur mit Finanztransaktionen 6 Millarden Euro in einem Jahr zu verdienen. Da werden keine dauerhaften Werte geschaffen, da wird nichts produziert, nichts erfunden. Da wird nur Geld hin- und herjongliert. Und gleichzeitig knausert die Bank mit Krediten für kleine Unternehmensgründungen oder -erweiterungen.