Waterboarding als Highlight der Grundausbildung

Vor ein paar Tagen wurde das Verfahren um Bundeswehrausbilder und ihre seltsamen Methoden während der Grundausbildung abschließend verhandelt. Gegenstand der Anklage waren die simulierten Geiselnahmen, bei denen es zu folterähnlichen Handlungen kam: Fesslungen, schwache Stromströße (wirklich, der Richter hat es im Eigenversuch getestet!), Scheinhinrichtung, Waterboarding. Die (Unter-)Offiziere glaubten, damit die Grundausbildung praxisnäher gestalten zu können.
10 Soldaten saßen auf der Anklagebank, 4 Freisprüche, der Rest Bewährungsstrafen, für die beiden hauptangeklagten Unteroffiziere 22 Monate.

Erstaunlich an den Vorgängen sind zweierlei Dinge: Der Vorgesetzte hat bei den Misshandlungen zu geguckt und es somit gebilligt und die 80 praxisnah Ausgebildeten finden es großenteils „geil“ und keiner von denen geht sich beschweren (einer hinterher doch und daher ja das Gerichtsverfahren).

Ich dachte bisher, in der Bundeswehr wird während der Ausbildung sehr viel Wert darauf gelegt, dass alles mit rechten Dingen zugeht (von gelegentlichen und seltsamen Ritualen mal abgesehen). Und das mit gutem Grund: Denn wenn in der Ausbildung Wert darauf gelegt wird, dass es sowas wie Menschenwürde gibt und wer nach diesen Grundsätzen ausgebildet worden ist, der wird die Menschenwürde als was selbstverständliches ansehen und sie auch gegenüber Menschen in Einsatzgebieten walten lassen. So ein Soldat geht einfach mit den Menschen vor Ort in den Einsatzgebieten anders um, als ein misshandelter Soldat, in dessen Ausbildung ethische und moralische Grenzen auch mal ebenso übergangen worden sind.

Wo bleibt der „Staatsbürger in Uniform“, wenn sich von den 80 Rekruten keiner über solche Methoden aufregt, beim Bundeswehrbeauftragten beschwert und wenn der Vorgesetzte sich das Ganze auch noch anguckt? Keiner von denen denkt mal einen Moment nach, was da eigentlich passiert?
Eine Verrohung der Ausbildung und der Soldaten kann nicht gut sein, denn das Kampfschwein an der Front steht doch im Widerspruch zu den realen Erfordernissen vor Ort, siehe Afghanistan oder Irak. Und was verrohte und zum Trennen von Recht und Unrecht unfähige Soldaten anstellen können, konnte man zuletzt an Abu Ghraib sehen.

Und noch eins hat mich gewundert: das schwache Echo auf die Schweinereien in der Presse und in Blogs. Anders als nach den Schädelfotos aus Afghanistan.
Ich will das Thema auch nicht zu sehr aufblasen, ich will auch gar nichts verallgemeinern. Ein bisschen verwundert bin ich aber doch, dass von den insgesamt fast hundert Beteiligten es alle offenbar in Ordnung fanden, wenn Menschen gewaltsam Wasser in den Mund gepumpt wird und diesen Teil der Ausbildung entweder „geil“ oder als „Highlight“ empfanden.

jetzt.de schreibt ziemlich ausführlich über die Vorgänge und die beteiligten Personen.

2 Gedanken zu „Waterboarding als Highlight der Grundausbildung

  1. Ralf

    Das es so wenig Echo in der Blogsphäre gab empfinde ich als sehr angenehm. Denn das ist ein Thema, bei dem man sich besser nicht äußert so lange man nicht in der Situation war das man in ein Krisengebiet geschickt werden sollte.

    Wie sieht eigentlich die Ausbildung bei der Feuerwehr aus? Hängen die fünf Wunderkerzen auf und simulieren so einen Großbrand? Naja ….

    Die Methoden waren ggf. wirklich etwas zu hart für den geforderten Einsatz. Aber in einen Punkt widerspreche ich dir ganz entschieden. Und zwar in dem Punkt, wo du meinst das die so ausgebildeten Soldaten moralisch verroht sind.
    Wer Geiseln befreien soll, der muss wissen wie sich Geiseln fühlen. Welche Angst sie durchmachen, was ihnen ggf. durch den Kopf geht.
    Und wer kann besser beurteilen was die Bevölkerung in Irak und Afghanistan durchgemacht hat, als jemand der selber mal die Qualen erlebt hat?

    Um es kurz zu machen: Mitreden kann man oft nur dann, wenn man es selber mal erlebt hat. Ansonsten sollte man lieber schweigen.

  2. Tobias Beitragsautor

    Du zündest doch auch keine Feuerwehrazubis an, nur damit sie mal merken, wie es später im Einsatz mal sein könnte, oder?

    Die Soldaten sollten keine Geiseln befreien. Das waren Rekruten in der Grundausbildung, keiner von denen wird für irgendeinen Auslandseinsatz ausgebildet und schon gar nicht für Spezialkommandos wie Geiselbefreiung etc.

    Geiselnahme/Geiselhaft darf natürlich in der Bundeswehr trainiert werden – wird es ja auch. Aber in speziellen Vorbereitungstrainings – mit entsprechenden Methoden, mit Psychologen und theoretischem Unterbau.

    Und natürlich verrohen Soldaten, wenn die Ausbilder plötzlich aus eigenem Ermessen die Spielregeln verletzen und sich über Recht und Gesetz erheben und ein paar Foltermethoden anwenden. Die Truppe findet es „geil“ und findet später im Einsatz nichts dabei, wenn man es an ein paar Einheimischen auch mal ausprobiert.

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