Bundesjustizministerin: Der Bürger muss nicht jedes Gesetz kapieren

Vor ein paar Tagen bei einer Diskussionsrunde ließ unsere Bundesjustizministerin Zypries folgenden denkwürdigen Satz fallen:

Reinhard Quick wünschte sich „mehr Sorgfalt“ bei der Richtlinienformulierung und der nationalen Umsetzung, Kolb verständlichere Gesetze, da man allzu oft den Vorarbeiten der Experten aus den Ministerien vertrauen müsse. Brigitte Zypries lehnte dies ab. „Ich meine nicht, dass jeder Bürger die Gesetze verstehen muss.“ Die meisten Bürger würden keine Gesetze lesen.

Damit steht Frau Zypris aber im Widerspruch zu den Verwaltungsvorschriften ihres eigenen Hauses und dem §35 der „Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien“ (GGO):

(1) Gesetze müssen sprachlich einwandfrei und soweit wie möglich für jedermann verständlich gefasst sein.

Demnach muss jeder Bürger die Gesetze verstehen können. Das ist auch sinnvoll, denn er ist es ja auch, der sich nachher dran zu halten hat. Und auch wenn es um Wirtschaftsgesetze handelt (bei der Diskussionsrunde handelte es sich um eine Wirtschaftsforum), so sind viele Unternehmer normale Bürger, die keine Rechtsabteilung in der Firma haben.

Es sollte aber darüber hinaus in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit sein, dass Gesetze so abgefasst sind, dass ein Mensch, der seinen Schulabschluss gemacht hat und der der deutschen Sprache mächtig ist, sie auch verstehen kann.

[via: curios-creatures.de]

2 Gedanken zu „Bundesjustizministerin: Der Bürger muss nicht jedes Gesetz kapieren

  1. Rumpel

    Der oben zitierte §35 Absatz 1 ist inzwischen (Stand 1.Juni 2009) zu §42 Absatz 5 mutiert, der gesamte Abschnitt 2 ist lesenswert.

    http://www.bmi.bund.de/cae/servlet/contentblob/139852/publicationFile/13306/ggo.pdf

    Abschnitt 2 Aufbau von Gesetzesvorlagen der Bundesregierung
    § 42 Gesetzesvorlagen der Bundesregierung
    § 43 Begründung
    § 44 Gesetzesfolgen

    § 42 Gesetzesvorlagen der Bundesregierung

    (5) Gesetzentwürfe müssen sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein. Gesetzentwürfe sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern sprachlich zum Ausdruck bringen. Gesetzentwürfe sind grundsätzlich dem Redaktionsstab der Gesellschaft für deutsche Sprache beim Deutschen Bundestag zur Prüfung auf ihre sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit zuzuleiten.

    Bis 8.7. kann noch eine Petition gezeichnet werden:
    Petition: Verkündungswesen – Verständlichkeit von Gesetzestexten
    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=2822

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