Archiv für den Monat: Dezember 2008

Schäfer-Gümbel, Lötzsch und das 750.000-Euro-Häuschen

Schäfer-Gümbel möchte, dass sich der Staat 2% von allen mit mehr als 750.000 Euro Vermögen leiht. Für 15 Jahre bei 2,5% Zinsen. – Hä?

Warum fordert er nicht einfach die Rückkehr zur Vermögenssteuer? Nehmen wir mal die alte Vermögenssteuer als Richtwert, dann bekäme der Staat 1% von jedem Vermögen oberhalb von 60.000 Euro (!) – ohne es zurückzuzahlen oder es zu verzinsen.

Gesine Lötzsch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, dachte sich wohl gar nicht erst nach und fand den Vorschlag (in der Tagesschau) einfach mal doof, lustige Begründung inklusive:

[Schäfer-Gümbel] hat sich z.B. nicht überlegt, welchen Eindruck dieser Vorschlag auf Besitzer von ganz normalen kleinen Eigenheimen machen könnte. Und Vorschläge, die normale Eigenheimbesitzer in Angst und Schrecken versetzen, sind glaub‘ ich keine guten Vorschläge.

Guter Witz, Frau Lötzsch … der normale Eigenheimbesitzer mit seinem kleinen Dreiviertelmillionen-Häuschen … guter Witz … alles darunter ist ja auch nur ein besserer Bretterverschlag oder eine Gartenlaube.
Selbst bei der Linkspartei scheinen die Dimensionen zu verschwimmen.

Das BKA-Gesetz ist durch

Ich hatte ja schon nach dem zeitweiligen Stop des BKA-Gesetzes vermutet, dass das nur ein kurzfristiges Verzögern des Unvermeidlichen sein wird. Und so ist es leider auch gekommen. Das BKA-Gesetz ist durch den Bundesrat gekommen – ohne wirklich substanzielle Veränderungen.

Außerdem war es mal wieder ein Beispiel für die unsere Hinterzimmer-Demokratie: Abgesandte von CDU/CSU und SPD haben sich erst auf Änderungen geeinigt und haben dann den Vermittlungsausschuss angerufen. Entscheidungen werden in Hinterzimmer verlegt, die von der Verfassung vorgesehenen Instanzen werden zu Abnickgremien degradiert.

Die Presse hat auch diesmal wieder versagt: Kritik dagegen gab es wenig und der Protest kam erst dann, als es zu spät war.

Derweil sorgen unsere emsigen Minister Schäuble und Zypris dafür, dass das neue BKA auch was zu tun bekommt.  Neue Paragrafen sollen dafür sorgen, dass Vorbereitungen von Terroranschlägen (Besuche in sog. Terrorcamps etc.) besser bestraft werden können.  Es sieht mal wieder so aus, als würde das Gesetz so schwammig formuliert, dass man schnell etwas in Richtung Anschlagsplanung konstruiert werden könnte, wenn man sich auch nur über Sprengstoffe oder Islamismus informieren will und dazu z.B. bestimmte Webseiten aufruft.

Rat der Ahnungslosen

DIW-Chef Zimmermann möchte, dass seine Zunft keine Konjunkturprognosen mehr ausgibt. Frei nach Dieter Nuhr fordert er: Wenn man keine Ahnung, einfach mal die Fresse halten.

Die Prognosen erwiesen sich in der letzten Zeit schon nach Wochen als dramatisch falsch (also noch schneller und noch falscher als in ruhigen Zeiten) und bevor man sich um Kopf und Kragen prognostiziert und das auch noch jeder mitkriegt, sollen sie lieber gar nicht mehr voraussagen. Beispiel gefällig? Im vor einem Monat veröffentlichten Jahresgutachten der „Fünf Wirtschaftsweisen“ erwarten sie für 2009 eine Stagnation, also ein Wachstum von 0%. Aktuell, also nur 5 Wochen später, reden wir eher von minus 2 bis 3 Prozent. Über 600 Seiten Papier produziert, die zentrale Vorhersage ist nach gut einem Monat fürn Arsch.

Die Modelle seien nicht für Zeiten wie diese gemacht, deshalb seien die Prognosen falsch. Als wenn sie das nicht schon immer waren. Das letzte kräftige Wirtschaftswachstum hatte auch keiner richtig vorhergesagt, alle haben sich gefreut, nur wenige gewundert. In ruhigeren Zeiten sind aber die Sprünge geringer, die Abweichungen der Prognosen von der Realität damit naturgemäß geringer. Wenn man dann einfach die Realität in die Zukunft fortschreibt, dazu ein bisschen wirtschaftliche Lage in anderen Ländern im Blick hatte, kam man zu leidlich brauchbaren Prognosen.
Die Finanzkrise als solche haben sie auch nicht gesehen. Wozu brauchen wir überhaupt noch Prognosen und den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“)?

Wer jetzt noch von den Wirtschaftsweisen spricht, der macht sich eigentlich lächerlich. Genauso lächerlich ist es, von dem Krisentreffen bei der Bundeskanzlerin irgendeine Besserung zu erwarten. Da sitzen Banker, Politiker, Wirtschaftslobbyisten und Wirtschaftswissenschaftler zusammen. Das sind genau die gleichen Leute, die uns die Krise eingebrockt bzw. befördert bzw. nicht gesehen haben. Das hält aber die Presse nicht davon, die Diskussionsrunde als das Orakel von Delphi zu betrachten. ARD und ZDF waren am Sonntag live vor Ort, um ja keinen Pups zu verpassen. Von Kritik an der Sinnhaftigkeit solcher Elefantenrunden keine Spur (positive Ausnahmen gibt es auch).

Wenn wir im Moment schon mal dabei sind, die Art des Kapitalismus der letzten Jahren in Frage zu stellen, sollten wir gleich auch den ein oder anderen Ökonomen in Frage stellen. Vornehmlich die, die in den letzten Jahren als Fachleute so häufig in der Presse zu lesen, sehen und hören waren. Die haben nämlich das theoretisch-intellektuelle Grundgerüst geschaffen, an denen sich Handelnde aus Politik und Finanzwirtschaft entlanghangelt haben und das die aktuelle Situation (mindestens) befördert hat.

Dazu passt auch:  WDR2-Kabarett – Volker Pispers [via: egghat]