Archiv der Kategorie: mediales

Völkermord mit anderen Mitteln

In der taz vom 24. November steht ein Bericht über fast unvorstellbar brutale sexuelle Gewalt, „sexuellen Terrorismus“, im Kongo. Autor Dominic Johnson beginnt den eine Seite langen Bericht mit drastischen Beispielen. Ich möchte hier gar keine Zitate bringen. Der Artikel ist verlinkt, wer ihn lesen mag, kann draufklicken.

Da mutiert der Mensch zum Tier, jede Zivilität ist dahin. Im Kongo wird es real vollzogen, bei uns wird Sadismus in Filmen wie „Saw“ gezeigt, die viele ins Kino locken. Dieses Verhalten lässt sich offensichtlich nicht einfach mit Armut, Kriegswirren o.ä. erklären.

Ich bin beim Lesen von Nachrichten mit Todesfällen normalerweise nicht weiter emotional berührt. Aber wenn Menschenquälerei, Folter und Sadismus im Spiel sind, dann wird mir ganz anders.

Vorratsdatenspeicherung: Der Donaukurier und das Schweigen der deutschen Presse zu diesem Gesetz

Die Regionalzeitung Donaukurier erschien in der Samstagsausgabe mit einer geschwärzten Titelseite – als Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung.

Somit zeigt eine Zeitung endlich mal den Protest, den dieses Gesetzesvorhaben längst verdient hätte. Die großen überregionalen Zeitungen brachten bisher nichts dergleichen zustande, ebensowenig wie die Magazine Spiegel, Focus oder Stern. Findet eine Protestkundgebung statt, berichtet man kaum oder gar nicht darüber und auch gerne mit falschen, weil viel zu niedrigen Teilnehmerzahlen. Eigene Journalisten hatte man erst recht nicht vor Ort. Bei einem so wichtigen innenpolitischen Thema verließ man sich nur auf Agenturmaterial.

Apropos berichten: Die Zeitungen (bis auf die Welt) berichten natürlich nicht über die schwarze Protesttitelseite des Donaukurier.
Wäre auch zu peinlich, wenn man die eigenen Leser über die Courage der anderen informieren müsste. Man selbst steht irgendwie – nunja – ein bisschen doof da.
Wer davon berichtet, sind die ewig gleichen, allen voran Heise Online. Dort setzt man sich seit langem und sehr intensiv mit dem Thema auseinander.

So richtig wichtig erscheint das Thema dem deutschen Journalisten nicht. Das Gesetz wurde schlicht über Monate hinweg verpennt. Wer gut informiert sein wollte, musste Heise lesen oder Blogs (z.B. Netzpolitik.org). In der „etablierten“ Presse bauscht man lieber Terrormeldungen auf und sorgt so mit dafür, dass der Eindruck entsteht, ein Mehr an Ãœberwachung sei nötig.
Erst jetzt, wo die Vorratsdatenspeicherung fast verabschiedet ist, wacht der ein oder andere Journalist auf.

Wie war das noch gleich mit der Qualität und der gedruckten Tagesszeitung?

P.S.: Am 6. November sind bundesweite dezentrale Demos gegen die Vorratsdatenspeicherung geplant.

SWR contra (Rechts-)Meinung

Ich hätte ja gedacht, die satirereife „Formulierungshilfe“ der GEZ für akademie.de wäre eine Ausnahme. Die verwendeten, der GEZ unliebsamen aber dennoch gängigen Begriffe wurden als falsche Tatsachenbehauptungen angesehen und waren damit vermeintlich abmahnfähig.

Mit dem gleichen Trick, eine Meinung zu falschen Tatsachenbehauptungen umzudeuten, kommt diesmal der Südwestrundfunk (SWR). Es geht um einen Text aus der Süddeutschen Zeitung (mittlerweile offline, aber bei jetzt.de noch vorhanden [23.10.07, 16.05 Uhr: Nun nicht mehr]) über die GEZ und deren Außendienstmitarbeiter. Darüber, was sie dürfen und was nicht; welche Befugnisse sie haben und welche nicht.

Problematisch ist die Rechtsmeinung von Rechtsanwalt und Lawblogger Udo Vetter, der den GEZ-Außendienstlern eine Hoheitsbefugnisse abspricht:

„Auch wenn die Beauftragten mitunter sehr amtlich auftreten und mit einem Ausweis wedeln: sie haben keinerlei hoheitlichen Befugnisse“, sagt Udo Vetter, Düsseldorfer Fachanwalt für Strafrecht. „Niemand muss sie für Kontrollen hereinlassen, nicht mal Fragen müssen beantwortet werden.“

Am Begriff des Hoheitlichen zieht man sich nun hoch. Der SWR hat eine andere Rechtsauffassung dazu, weil die GEZ eben ganz hoheitlich Gebühren eintreiben darf. Udo Vetter meinte aber eher, dass die GEZler vor Ort keine Handhabe wie etwa Polizisten haben, wenn man sie nicht in die Wohnung lässt, keine Aussagen macht oder ihnen schlicht die Tür vor der Nase zuknallt.

Nun isses doch aber gut, GEZ. Wir haben’s ja verstanden. Ihr wollt keine schlechte Presse (die habt ihr jetzt erst recht!) mit komischen Begriffen und ihr seid auch unglaublich wichtig und besteht darauf, als wichtig wahrgenommen zu werden. Ich find‘ das aber nicht gut, wenn son Scheiß mit meinen Gebühren bezahlt wird. Ich finde es ebensowenig gut, wenn der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk (ÖRR) so gegen Meinung vorgeht. Bisher dachte ich immer, der Sinn des ÖRR wäre gerade die Meinungsfreiheit.

Ich möchte den Eintrag nicht als pauschales GEZ-Bashing verstanden wissen. Ich mag den ÖRR, zahle recht klaglos vierteljährlich meine Gebühren. Ich halte das System eine gebührenfinanzierten Rundfunks für gut. Ich mag den Deutschlandfunk, Phoenix und Arte, ich mag viele Sendungen der ARD und sogar noch ein paar des ZDF. Umso blöder finde ich es, wenn dieses Geld dann in sinnlose und arrogante Kampagnen im Stil des Raubkopierer-sind-Verbrecher-Quatsches der Musikindustrie oder eben solche Abmahnungen bzw. Abmahnversuche fließen.

Nachtrag:  Die Welt (vom 22.10.07) hat auch mit Udo Vetter gesprochen und auch ein Hoheitszitat mit drin:

„Die GEZ-Kontrolleure haben gegen Privatpersonen und Gewerbetreibende keine hoheitlichen Befugnisse.“ Im Klartext bedeutet dies, dass es den Kontrolleuren nicht zusteht, beispielsweise mit einer Anzeige oder der Polizei zu drohen. Das Betreten der Wohnung oder das Beharren auf Auskünften ist ebenso verboten. „Theoretisch kann der Verbraucher die Tür umgehend wieder schließen“, erklärt Fachanwalt Vetter.

Mal gucken, was aus diesem Artikel wird.

Eva Herman: Lob für die Nazis oder nicht?

Anfang September stellte Eva Herman auf einer Pressekonferenz ihr neues Buch vor. Eine Journalistin des Hamburger Abendblattes hörte dabei eine Nazihuldigung:

In diesem Zusammenhang machte die Autorin einen Schlenker zum Dritten Reich. Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter. Die hätten die 68er abgeschafft, und deshalb habe man nun den gesellschaftlichen Salat.

Die Aufregung danach war groß, der NDR entließ Herman daraufhin.

Auf ihrer Website wehrt sich Herman nun gegen den Vorwurf, sie die Nazis für ihre Familienwerte gelobt. Allein der Sender RTL habe die Pressekonferenz mitgeschnitten, habe sich aber geweigert, den Mitschnitt rauszurücken. Dann tauchte im Internet noch ein Tondokument auf, das ein Originalmitschnitt sein soll.

Ein solches Tondokument veröffentlicht Herman als Originalzitat (als MP3 und als PDF-Abschrift). Aus dieser Passage soll dann durch die Abendblatt-Journalistin die obige Nazihuldigung geworden sein:

Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch ‘ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68er wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war ‘ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben….

Auch wenn man sich das Zitat ein paar durchliest – es bleibt wirr und unklar, was Frau Herman uns damit sagen will.

Keine Huldigung?

Dröseln wir das ein bisschen auf:

Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde.

Das Bild der Mutter wurde im Nazireich eher überhöht als abgeschafft. Sie sollte sortenreine Krieger fürs Deutsche Reich gebären, sich aber ansonsten aus allem raushalten. Die 68er hingegen wollten die Frau aus der reinen Mutterrolle, in die die Frauen in den 50ern und 60ern zunehmend gedrängt wurden, heraus bekommen.
Wie man NS-Ideologie und 68er hier zusammen nennen kann, ist mir schleierhaft. Und natürlich folgte dem Nationalsozialismus nicht gleich die 68er-Zeit.
Ok, hier hätten wir keine Huldigung der Nazizeit, eher eine – wenn man so will – Ablehnung. Wenn auch faktisch seltsam begründet.

Aber vielleicht doch ein bisschen Lob für Werte unter den Nazis?

Weiter gehts:

Mit den 68er wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war ‘ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals* eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben….

Hier wird es nun vollkommen wirr. Wenn man das einfach so hintereinander weg liest, klingt es so, als sei die 68er-Zeit eine „grausame Zeit“ mit einem „durchgeknallten Politiker“. Wen und was meint Frau Herman damit? Kiesinger? Brandt?
Sie meinte mit der „grausamen Zeit“ wohl kaum die 68er sondern das Dritte Reich und der „durchgeknallte Politiker“ soll wohl eine Umschreibung für Hitler sein.
Wann ist jetzt aber „damals“ (mit dem Sternchen)? Für mich ist mit diesem „damals“ die 68er Zeit gemeint. Die Abschaffung von Werten wie Familie, Zusammenhalt und Mütter fand in dieser Zeit statt. Das sagt ja Frau Herman auch nicht zum ersten Mal, die Emanzipation der Frau ist für sie ja Grund allen übels und zu einer Massenbewegung wurde es eben nach in der 68er-Zeit.

Dieses „damals“ steht nicht für das Nazireich, obwohl sie noch einen Satz zuvor sagt, dass auch dort schon die Werte abgeschafft worden sind. Und so kommt es dann, dass die Worte „das, was gut war“ und „Wert“ mit dem Nazireich in einen engen sprachlichen Zusammenhang gebracht werden. Warum sollte Frau Herman sonst auf Schrecklichkeit des Naziregimes hinweisen, wenn sie sich nicht anschließend auf deren gute Werte berufen wollte.
Erst die Schrecklichkeit der Nazis beschwören und dann ein „Aber“ hinterherschicken, dass doch nicht alles schlecht war. Vom Muster her ist es das Gleiche, wenn immer wieder davon gesprochen wurde, dass Hitler zwar den 2. Weltkrieg und den Holocaust auf dem Gewissen hat, aber immerhin herrschte seinerzeit Vollbeschäftigung und tolle Autobahnen wurden gebaut und die Jugend hatte noch Respekt vor dem Alter.

Vorwurf der Nazihuldigung als zulässige Zuspitzung?

Wenn man will, könnte man also durchaus den Satz zu einem „Nicht alles bei Hitler war schlecht, Werte wie Kinder, Mütter und Familie waren gut“ zuspitzen. Man muss es nicht tun. Eva Herman hat sich aber mindestens sehr missverständlich und wirr ausgedrückt. Warum spricht sie nicht klar vom Missbrauch der von der ihr propagierten Werte durch die Nazis? Warum eiert sie da so rum? Dazu kann man doch einen glasklare, unmissverständlichen Standpunkt formulieren.

Ich mag es nicht, wenn man jemanden in eine Ecke stellt oder in eine Schublade steckt, in die derjenige nicht hingehört. Ich mag es nicht, wenn man jemandem ungerechterweise das Nazi-Etikett anpappt mit der Gewissheit, das von nun an jegliche inhaltliche Auseinandersetzung beendet ist. Der oder die Etikettierte hat nur noch damit zu tun, sich von diesem Vorwurf zu befreien; es geht von nun an um nichts anderes mehr.
Nazivergleiche kommen in der Regel dann, wenn einem sonst nichts mehr einfällt. Dabei fällt einem bei Hermans Thesen so viel mehr ein, dass man einen Nazivergleich getrost stecken lassen kann.

Ich habe eher das Gefühl, dass Frau Herman einen Kreuzzug für ihre Sicht der Familie führt und auf diesem Kreuzzug ist ihr manchmal nicht klar, wen sie da als historischen Zeugen benennt.

Nachtrag (10.10.07): Gestern abend war Frau Herman bei Kerner – mal wieder. Es ging in erster Linie um jenen missverständlichen Satz der Nazihuldigung. Sie redete sich einmal mehr um Kopf und Kragen. Sie sah bei sich keinen Fehler, gab noch nicht einmal die Missverständlichkeit ihres Satzes zu, faselte dann davon, dass man nicht gefahrlos über Geschichte sprechen könne, z.B. über jene Autobahnen von Adolf Hitler. Das alles führte dann dazu, dass Kerner Frau Herman deutlich machte, die Sendung zu verlassen. Kurz zuvor hatten Senta Berger und Margarethe Schreinemakers gedroht zu gehen.
Die Sendung kann man sich in der ZDF Mediathek nochmal ansehen.

Bosbach und das Konvertitenregister – Hat er nun oder hat er es nicht gefordert?

Hat Bosbach nun ein Konvertitenregister gefordert oder nicht? Er selbst fühlt sich missverstanden, nachdem es großen Protest gegen seine Forderung gab. Bosbach habe in der Sendung Münchner Runde am 11. September im Bayrischen Rundfunk „so ziemlich das Gegenteil“ von dem gesagt, was man ihm vorwirft – der Wunsch nach einem Register für zum Islam übergetretene Menschen.

Gut, gucken wir uns mal an, was Bosbach laut Zitateliste für diese Sendung gesagt hat (Hervorhebungen von mir):

Es gibt kein Konvertitenregister in Deutschland. Es muss niemand sich irgendwo registrieren lassen, wenn er zum Islam übergetreten ist. Ich glaube, man kann ihren Glauben abnehmen durch Beeidung von zwei Zeugen, jedenfalls formlos. Sie müssen da nicht zum Notar gehen.
Günther Beckstein hat nicht gesagt „Wir wollen alle rund um die Uhr beobachten“, er hat gesagt „Wir wollen ein Konvertitenregister haben“. Wir wollen wissen, wer übertritt, weil wir wissen: Nicht alle…Es treten zum Beispiel viele über, weil sie einen Ehegatten muslimischen Glaubens geheiratet haben, und man will jetzt eine gemeinsame Konfession haben. Wir wissen von einigen, nicht von allen, vielleicht noch nicht einmal von der Mehrzahl, dass sie danach bewusst Kontakt suchen zur radikalen, auch gewaltbereiten Islamistenszene und sich dort radikalisieren lassen. Da würden wir gerne wissen, wer das ist, denn wenn sie sich als Gefährder erweisen sollten, dann muss der Staat auch die Möglichkeit haben, dieser Gefährdung zu begegnen. Das hat nichts mit einem Generalverdacht zu tun, sondern mit Gefahrenabwehr.

Bosbach beruft sich auf Becksteins Vorschlag. Der soll nun als Erster auf die Idee mit dem Konvertitenregister gekommen sein. Aber den Satz „Wir wollen wissen, wer übertritt“ kann man kaum missverstehen. Mit „Wir“ meint Bosbach wohl den Staat bzw. die Ermittlungsbehörden und der/die wollen gerne wissen, wer die Religion wechselt. Und das läuft dann eben auf ein Konvertitenregister hinaus.
Klar ist jedenfalls: Bosbach spricht sich nicht gegen die Idee einer Liste von Religionsübertritten aus.

Für mich klingt das eher so, als wollten Beckstein und Bosbach auch gar keine große Sache daraus machen. Also keine offizielle Meldepflicht für Religionswechsel oder ähnliches. Nur wenn die Polizei davon Wind bekommt, wird es halt in einer Datenbank festgehalten, damit man bei Bedarf zugreifen kann. Das macht die Sache aber nicht besser, im Gegenteil.

Lobbyisten in Ministerien

Lobbycontrol hat eine Datenbank zusammen- und heute vorgestellt: Dort wird aufgelistet, in welchen (Bundes-)Ministerien Lobbyisten von welchen Unternehmen oder Verbänden sitzen. Dort werden still und ohne Aufsehen zu erregen, Gesetze geschrieben, in denen dann sicher nicht nur auf das Gemeinwohl geachtet wird.

[…] noch immer arbeiten in den Ministerien so genannte „externe Mitarbeiter“- entsendet und bezahlt von Unternehmen und Verbänden – Seite an Seite mit den Ministerialbeamten. So können Unternehmenslobbyisten direkt an den Gesetzen mitwirken, die eigentlich ihre Unternehmen regulieren sollen.
(Lobbycontrol )

Spiegel Online berichtet auch darüber. Immerhin. Nicht viele tun das. Allerdings tut SpOn das, ohne einen Link zu Lobbycontrol oder der Lobbyistendatenbank zu setzen. Stattdessen nennt SpOn die abgeschriebene, nach Ministerien geordnete Liste „Spiegel-Online-Übersicht“.
Die taz schreibt auch darüber und gibt immerhin die Internetadresse an. Diese in der Onlineausgabe zu einem Link zu machen, kann so schwer eigentlich nicht sein.

Die Fantasie des Journalisten im Angesicht einer Demo

Ein Redner bei der Demo in Rostock gegen den G8-Gipfel redet was von „Krieg“, die Nachrichtenagentur dpa kriegt das in den falschen Hals und verbreitet eine Falschmeldung, reichlich Zeitungen drucken den Mist (kennt man ja) und dpa korrigiert ihren Fehler erst 3 Tage später. Soweit das Geschehene.

Das für mich Erstaunlichste daran: Manche Journalisten schmücken die dpa-Meldungen dann noch einmal richtig aus. Wohl deshalb, damit für den Leser der Eindruck entsteht, der Redakteur berichte direkt von der Front:

In anderen Schweizer Zeitungen fantasiert Berlin-Korrespondent Helmut Uwer:

Einer der laut Polizeiangaben 3000 Militanten kletterte auf eine Bühne und gab die Parole aus: “Wir müssen den Krieg in diese Demonstration reintragen. Mit friedlichen Mitteln erreichen wir nichts.�

In den Stuttgarter Nachrichten reichern Peter Gärtner und Axel Büssem die falsche Meldung mit neuen Details an:

Während ein Attac-Vertreter aufrief, Ruhe zu bewahren, heizte ein Redner der Autonomen die Stimmung noch an: “Wir müssen den Krieg in diese Demonstration reintragen. Mit friedlichen Mitteln erreichen wir nichts.� Viele pfiffen und buhten daraufhin.

Auch Annika Fischer, die Autorin der “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung�, hat die dpa-Ente ausgeschmückt:

“Wir müssen den Krieg in diese Demo tragen!�, ruft ein junger Mann ins Megafon, aber vorn an der Bühne stehen immer noch die (farben-) frohen Linken, beschwören eine “andere Welt� und reden von einer “schönen Veranstaltung�.

(Die Zitate hat Stefan Niggemeier zusammengetragen, Hervorhebungen von mir)

Zur Klarstellung: Es kletterte keiner der Demonstranten auf die Bühne, um die vermeintliche Kriegsparole auszugeben, er war auch kein Redner der Autonomen sondern Walden Bello, philipinischer Soziologieprofessor und Träger des Alternativen Nobelpreises. Er ist einer der Redner auf einer Kundgebung. Wie unschwer zu erkennen ist, ist er kein junger Mann mit einem Megafon. Wozu das Umherfantasieren?

Wohl kaum eine Zeitung wird eine Korrektur der Falschmeldung bringen. Wenn doch, dann vermutlich in einem Fünfzeiler im hinteren Teil des Blattes. Kann ja jeder selbst in seiner Zeitung nachgucken.

Wenn man sich Regional- und Lokalzeitungen anguckt, dann besteht der überregionale Teil fast nur aus Agenturmaterial. Und daraus, aus dem Fernsehen und aus der Blöd-Zeitung informiert sich der wohl größte Teil der Bevölkerung. Da bekommt dann solch eine (und jede andere) Falschmeldung einen großen Impact. Ich lese selbst sehr wenig Lokalzeitung. Wenn ich es dann aber doch einmal tue, bin ich immer wieder überrascht, von welch teilweise schlechter Qualität einerseits die Artikel und andererseits die Kommentare sind. Wer allein das liest und vielleicht noch ein bisschen Fernsehen schaut, der ist schlecht informiert.

Einmal mehr: „Killerspiele“ und Journalismus

Das scheint keine gute Kombination zu sein: Computerspiele und Journalisten. „Hart aber fair“, „Kontraste“ und jetzt „Panorama“.

Das Prinzip ist beim im Panaroma-Beitrag das bekannte: einseitig kommen nur Kritiker der Spiele zu Wort, die gezeigten Bilder sind oft aus nicht in Deutschland erhältlichen oder FSK-18-Versionen des Spiels oder aus mit Patches extrabrutal gestalteten Versionen, die Spiele und ihre Ziele werden fehlerhaft beschrieben. Eine Einordnung der Bilder findet nicht statt, eine Abgrenzung zwischen den Versionen (ab 16, ab 18, ausländisch, mit Patch) findet nicht statt.

Und das alles trifft auf ein Publikum, das vom Alter her (45+) keine praktische Berührung mit dem Thema Computerspiel haben dürfte. Ähnlich wie die am heftigsten krakelenden Politiker. Umso mehr glaube ich nicht daran, dass es den Journalisten um eine ernste Berichterstattung geht. Es geht wohl mehr um eine mit missionarischem Eifer umgesetzte Stimmungsmache.

Nachtrag (01.03.07): Es kam in Beiträgen von „Panorama“ zu einer leicht anrüchigen Häufung der Zusammenarbeit mit der Firma Pan Amp. Man muss nicht gleich Schleichwerbung wittern, aber man kann sich wundern, warum man den Chef einer Firma, die allerlei Internetfilter anbietet, als Experten präsentiert. Dafür gibt es sicher auch Journalistenkollegen oder den ein oder anderen Wissenschaftler.

Readers Edition: Hier darf Eigenwerbung gemacht werden

Kann bitte jemand die neuen Moderatoren der Readers Edition (RE) zur Vernunft bringen? Unter Bürgerjournalismus verstehe ich jedenfalls keine als Nachricht getarnte Eigenwerbung.

Im Artikel „Hier darf ‚gepusht‘ werden“ wird das Portal Newsider (newsider.de) als „Web 2.0 Community“ beschrieben. Autorin des Beitrages und Betreiberin des beschrieben beworbenen Portals sind ein und die selbe Person.
Sowas nennt sich dann eigentlich Pressemitteilung oder Werbung und sollte als solche gekennzeichnet werden. Noch nicht mal einen Hinweis (Disclaimer), dass Autor des Beitrags und Betreiber des Portals identisch sind, gibt es. Der Artikel steht da, als wäre es ein ganz normaler Nachrichtentext.

Am 19. Februar gab es schon mal einen Artikel über Newsider. Der ist aber jetz weg. Der Googlecache kennt ihn noch. Die letzten beiden Absätze sind in beiden Artikel gleich, der Rest ist neu bzw. neu formuliert. Offenbar hat beim ersten Artikel ein Moderator kalte Füße bekommen und den Beitrag entfernt. Warum allerdings der inhaltlich vollkommen gleichartige Artikel zwei Tage später wieder online gehen darf, ist das Geheimnis der RE.

Nachtrag:  Das hier ist alles nur unqualifiziertes „Blogschnattern“. Will man die RE kritisieren und über Bürgerjournalismus schreiben, dann muss man ganz bestimmte Qualifikationen haben.