War Operation „Mikado“ legal?

Auf einer Pressekonferenz am Dienstag wurde von der Staatsanwaltschaft Halle und der Soko „Mikado“ der jüngste Ermittlungserfolg gegen Kinderpornografie verkündet. Das Besondere daran: man „bat“ die Kreditkartenunternehmen darum, ihre Datenbestände nach einer bestimmten Kontobewegung zu durchsuchen. Damit wollte man die Nutzer einer Kinderpornoseite drankriegen.
Erstaunlich dabei, dass die Kreditkartenunternehmen auf dieses „Bitten“ eingegangen sind. Eine schwammige Drohung, dass eine Nichtzusammenarbeit juristische Folgen für die Unternehmen haben könnte, reichte dafür aus.

Was ich mich frage: war die Methode koscher? (Ich lasse jetzt mal den Aspekt, dass es hierbei um eklige Kinderpornografie geht, außen vor, denn der Zweck heiligt in meinen Augen nicht die Mittel. Schließlich könnte das Beispiel Schule machen und auch für andere Ermittlungen eingesetzt werden.) Erstaunlich ist, dass bisher offenbar noch keiner auf diese Methode der Rasterfahndung gekommen ist – oder es sich noch keiner getraut hat, weil sie nicht ganz legal ist.

Auf die Frage, warum dieses Mal das erste Mal so ermittelt wurde erklärte Oberstaatsanwalt Vogt: “Wir haben gedacht, es müsste doch machbar sein�.
(aus der Pressekonferenz, dokumentiert im RA-Blog)

„Es müsste doch machbar sein“ klingt nicht sehr juristisch. In der Pressekonferenz lies man den § 161 StPO fallen. Die Frage von mir, ob das als Begründung reicht, wurde leider nicht beantwortet. Vielleicht ist die Beantwortung auch gar nicht so leicht. Die Datenschützer jedenfalls hatten kein Problem mit der Abfrage.

Fakt ist, es gab keine richterliche Anordnung zur Herausgabe der Kreditkartendaten. Andererseits muss aber auch nicht jede staatsanwaltschaftliche Ermittlung richterlich angeordnet werden. Damit sind wir bei der Frage von oben: War die Aktion koscher?

Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) meint eher Nein. Der Lawblogger Udo Vetter meint auch Nein und will die Rechtswidrigkeit der Aktion gerichtlich feststellen lassen. In der Presse ist von rechtlichen Bedenken keine Rede, viel zu sehr ist man damit beschäftigt, die Ermittlung von 320 mutmaßlichen Kinderpornogucker als Erfolg zu feiern. Rechtliche Bedenken stören da nur, wer will auch schon dem Verdacht aussetzen, sich auf die Seite der Pädophilen zu schlagen.

Udo Vetter führt an, dass das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Halle „rechtswidrig, jedenfalls aber unverhältnismäßig“ war. Rechtswidrig, weil kein Anfangsverdacht bestand (es gab ja nur die KiPo-Webseite), weil es sich um Rasterfahndung handelte, bei der eine richterliche Anordnung und eine „erhebliche Bedeutung“ der Tat vorliegen müssen. Unverhältnismäßig, weil die Daten von 22 Millionen Kreditkartennutzer gescannt wurden.

Mir geht es mit diesem Eintrag gar nicht darum, mich zum Anwalt Pädophiler zu machen (eigentlich überflüssig das zu erwähnen, ich tue es vorsichtshalber trotzdem mal, damit keine Missverständnisse aufkommen).
Ich frage mich lediglich: Ist sowas legal? Denn wenn es das ist, kann man davon ausgehen, dass ähnliche Aktionen auch bald bei anderer Gelegenheit passiert. Natürlich erstmal bei der allgegenwärtigen Terrorabwehr. Dagegen regt sich sicher auch kaum Widerstand. Und dann kommt es schleichend auch bei anderen Delikten.

Nachtrag (02.02.07): Es gibt ein eigenes Blog, das sich mit der Nachbetrachtung der Aktion „Mikado“ beschäftigt . Geschrieben wird es von Udo Vetter und Carsten Hoenig.

2 Gedanken zu „War Operation „Mikado“ legal?

  1. Ralf

    Udo Vetter lässt außen vor, dass es eine Anzeige eines Redakteurs der SAT1-Sendung „akte“ gab. Somit kann es durchaus einen Anfangsverdacht gegeben haben der diese Ermittelungen rechtfertigt.

    In wie weit den Kreditkartenfirmen mit „rechtlichen Konsequenzen“ gedroht wurde, kann ich aus den vorhanden Links nicht ersehen. Aber wie sieht es denn aus, wenn jemand ermordet wird und es DNA-Spuren gibt. Dann werden DNA-Tests angeordnet. Dabei werden ebenfalls eine große Gruppe von Personen überprüft. Die Rechtmäßigkeit solcher DNA-Tests wurde bis jetzt noch nicht angezweifelt.
    Es wurde auch nicht ins „Blaue“ hinein ermittelt. Die Staatsanwaltschaft hatte ganz konkrete Angaben zu den gesuchten Transaktionen gemacht.

    Und wenn man dieser Ermittelungsmethoden in Frage stellt, dann müsste man auch Phantombilder in Frage stellen. Denn ein Phantombild ist die vage Vermutung wie ein Täter aussehen KÖNNTE. Es gibt keine Garantien das der Täter tatsächlich so aussah bzw. ob nicht jemand dem Phantombild nur zufällig sehr ähnlich sieht.

    Ermittelungsverfahren bestehen nun einmal zu 99% aus Stochern im Dunklen. Und wenn ich 84 Millionen Bundesbürger danach befragen müsste ob sie am Tattag in der Nähe des Tatortes waren, wer würde an dieser Ermittelungsmethode zweifeln? Denn nichts anderes macht die Polizei seit eh und je. Nur das sie nicht immer alle Bundesbürger befragen, sondern sich auf eine Gruppe von Verdächtigen beschränken. Und die Gruppe der Verdächtigen bestand diesmal zufällig aus Kreditkarteninhabern. Ob das nun 22 Millionen, 2 Millionen oder 22 Leute sind ist doch unerheblich.

  2. Tobias Beitragsautor

    Udo Vetter lässt außen vor, dass es eine Anzeige eines Redakteurs der SAT1-Sendung “akte� gab.

    Darauf geht Vetter in Punkt II ein. Eine Webseite allein ist aber noch kein Anfangsverdacht gegen mögliche Konsumenten. Wenn, dann hätte es Ermittlungen gegen die Betreiber der Seite geben müssen.

    Teile des Schreibens der Staatsanwaltschaft Halle an die Kreditkartenunternehmen konnte man in der Sendung „Akte“ hören, als es der Staatsanwalt in sein Diktiergerät diktierte („Komma, neuer Absatz“). Dort war von rechtlichen Konsequenzen die Rede.

    Und wenn man dieser Ermittelungsmethoden in Frage stellt, dann müsste man auch Phantombilder in Frage stellen.

    Der entscheidene Unterschied: Wenn ein Phantombild gemalt wird, dann hat bereits eine Straftat stattgefunden. Im Fall der KiPos gab es aber keine beobachtete oder angezeigte Straftat, sondern nur eine vermutete. Daraufhin wurde ins Blaue hinein ermittelt.

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