In aktuellen Umfragen steht die SPD bei nur noch bei 20–24% (je nach Umfrage auch nur noch kurz über 20%). Ich habe keine Sorge, dass sie bald wieder bei 30% steht, wenn das schlechte Moment und die Große Koalition, die auch schon 1966-69 die beiden Volksparteien geschwächt hat, vorbei sind.
Aber selbst wenn 30% bald wieder erreichbar sind: was kann die SPD damit machen? Nichts. Damit ist kein Rot-Grün machbar und eine Ampelkoalition ist mit der derzeitigen FDP nicht realistisch (ich habe keinen Grund anzunehmen, dass sich das auf absehbare Zeit ändern wird). Also geht es nur als kleinerer Partner in einer Großen Koalition. Dabei geht die SPD unter, wie wir jetzt sehen.
Damit steckt die SPD in einem Dilemma. Die Linke wird immer noch als Schmuddelkind behandelt und damit bringt sich die SPD um politische Handlungsoptionen. „Die Linke“ nimmt der SPD im linken Lager Stimmen weg, ohne die sie nicht mehr an die Regierung kommt (außer in eben jener unseligen Großen Koalition). Die politische Linke hat sich aufgespalten, die SPD darf nicht so tun, als hätte sich nichts verändert und sie könne den neuen linken Mitspieler ignorieren. In der Mitte ist auch kein Platz mehr, da sitzen schon FDP, Grüne und die CDU.
Nehmen wir mal an, es gibt 40% Stimmenpotential für die politische Linke. Wenn sich diese 40% nun auf 2 Parteien verteilen, dann ist die SPD doch äußerst schlecht beraten, die Linke zu ignorieren und Koalitionen auszuschließen. Das ist ein freiwilliger Verzicht auf Gestaltungsmöglichkeiten. Damit wäre zu SPD zu dauerhafter Opposition oder zum Juniorpartner einer Großen Koalition verdammt. Deshalb muss die SPD sich überlegen, wie sie weitermachen will: (1) Entweder sie übernimmt Positionen der Linken und macht sie somit überflüssig und drängt sie an den Rand bis zur Bedeutungslosigkeit oder (2) sie arbeitet mit ihr zusammen.
Die SPD hat sich selbst in dieses Dilemma gebracht. Unter SPD-Chef und Kanzler Schröder wollte man unbedingt in die „Neue Mitte“ drängen, wollte modern und wirtschaftsfreundlich wirken. Links sein war out, galt als wirtschafts- und standortfeindlich und konnte sich der heftigen Kritik der veröffentlichten Meinungsmacher sicher sein. Mit der „Agenda 2010“ erreichte diese Phase ihren Höhepunkt. Doch das Pendel schlug langsam wieder nach links aus, Kritik an neoliberalen Reformen fand wieder Zustimmung. Das hätte eigentlich der SPD zugute kommen sollen. Die aber war seit Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzen nicht mehr wählbar.
So entstand am Ende aus dem Protest gegen die Agenda 2010 die WASG, durch deren Zusammenschluss mit der PDS dann „Die Linke“ entstand. Fertig war die Spaltung der linken Mitglieder- und Wählerschaft.
Ich hatte das schonmal erwähnt: Ich finde es prinzipiell nicht schlecht, dass es eine Partei links der SPD gibt. Als Denkalternative. Aber historisch ging eine Spaltung der Linken immer zu Lasten ihres Einflusses. Deshalb muss die SPD diese Spaltung überwinden und muss mit der Linken kooperieren, wenn sie wieder linke Politik für Deutschland umsetzen will.
Prinzipiell sollte das Momentum auf der Seite der politischen Linken liegen, das Pendel schlägt zur Zeit spürbar nach links aus. Es wird über Mindestlöhne, über Verarmung, über fehlende Aufstiegschancen, ein Schwinden der Mittelschicht und nicht zuletzt über einen sich krakenartig ausbreitenden Schnüffelstaat gesprochen: alles linke Themen. Umsoweniger verstehe ich, warum sich die SPD nicht an die Spitze dieser Debatten setzt und der Linkspartei das Feld überlässt. Es gibt auch genug Menschen, die die Linkspartei wegen ihrer Wurzeln in der PDS und deren SED-Vergangenheit nicht wählen. Da gibt es also noch brachliegendes Potential bei den Nichtwählern.