Merkel und die CDU wurden gewählt um zu verwalten, nicht um zu gestalten: alles soll so bleiben wie es ist. Ihr unprätenziöses, unaufgeregtes Auftreten passt dazu. Sie wirkt ein Mensch von nebenan. Beides finde ich in gewisser Weise sympathisch, ist mir aber häufig auch zu bieder.
Die einzige Bedrohung kommt vermeintlich aus dem Ausland („alle südlich von Österreich liegen den ganzen Tag auf der faulen Haut und warten nur auf’s Geld aus Deutschland“) und da fühlen sich viele offenbar bei Merkel gut aufgehoben und von ihr beschützt. Dieses Image hat Merkel über die letzten Jahre aufgebaut und konserviert. Offenbar haben das viele Wähler geglaubt. Dass es vielen Menschen in Südeuropa mit dieser Austeritätspolitik schlechter geht als es nötig wäre, interessant solange nicht, solange es einem selbst gut geht.
Ich bleibe dabei: Merkel ist eine Politikerin, die mit der ihr geliehenen Macht nichts anzufangen weiß, sie hat keine Vision, keine Idee.
Klar ist aber auch: das Ergebnis für die CDU ist das Ergebnis von Merkel. Ohne die sehr beliebte Merkel wäre die CDU nicht so stark geworden.
Die SPD. Ja, was gibt es da zu sagen. Da liegt eine linke Mehrheit im Bundestag, man könnte den Kanzler stellen – und die SPD weigert sich. Sie weigert sich seit Jahren, auch nur ernsthaft darüber nachzudenken, ob und wie man mit der Linkspartei zusammenarbeiten könnte. So wird das auf Jahre hinaus nichts mit der Regierungsführung. Stattdessen wird sich die SPD als Juniorpartner in die Regierung flüchten.
Dass sie sich mit einem Kanzlerkandidaten Steinbrück keinen Gefallen getan hat, dürfte nun auch klar geworden sein. Zu offensichtlich passten der Kandidat aus dem Hamburger Bürgertum und das Programm der SPD nicht zusammen.
Die Linke freut sich, die drittstärkste Partei im Bundestag zu sein. Trotzdem hat auch die Linke verloren, in Ostdeutschland sogar ziemlich deutlich. Die Linke ist in meinen Augen die aktivste und aggressivste Oppositionspartei, ihre parlamentarischen Anfragen haben so manche Schweinereien der Bundesregierung an die Öffentlichkeit gebracht.
Mein Eindruck aber auch: Ohne Gysis rhetorisches Talent wäre es nicht zu diesem Ergebnis gekommen. Der Mann ist einfach ein Phänomen.
Die Grünen sind auf ihre Stammwähler reduziert. Die Energiewende wäre eigentlich das Thema für die Grünen gewesen. Stattdessen haben sie sich eine Preiserhöhungs- und Steuerdebatte aufdrücken lassen, die sie nicht gewinnen konnten. Sie hätten lieber ihre Vision in den Vordergrund stellen müssen, wofür und warum unsere Gesellschaft auf erneuerbare Energie umzustellen ist. Der Veggie-Day war ein klassisches Beispiel dafür, wie man ein gutes Thema – Nachdenken über unseren Fleischkonsum – grandios versemmeln kann. Dass die Presse es auf Bevormundung – die Grünen verbieten mir mein Kantinenschnitzel – reduzieren, war vorhersehbar, weil sich die Grünen so wunderbar als Spielverderber (Tempolimit!) hinstellen lassen.
Ich hoffe, die Grünen machen mit neuen Leuten an der Spitze weiter. Da sind jede Menge guter Leute in der zweiten und dritten Reihe. Und ich bin gespannt, ob man sich doch an die CDU ranwanzt. Ich würde ja die Grünen-Basis deutlicher linker einschätzen als die Führung.
Die schwarz-grünen Planspiele waren für mich auch ein Grund, diesmal nicht die Grünen zu wählen, obwohl ich sie immer noch als meine politische Heimat bezeichnen würde.
Die Piraten haben es wohl maximal verkackt. Mit der NSA-Affäre lag der Ball auf dem Elfmeterpunkt – aber alle diskutieren, wer nun schießen soll und am Ende macht’s dann keiner. Die Partei ist ganz offensichtlich nicht kampagnenfähig. Personalisierung ist nicht gewünscht, aber ohne Personen, die die Inhalte repräsentieren, wird’s nicht gehen. Zu wenig war auf den Mainstreamkanälen zu sehen oder zu hören von den Piraten. Die Presse war in meinen Augen auch nicht fair zu ihnen und hat über sie nur berichtet, wenn es kleinere und größere Seltsamkeiten gab.
Schade um die Piraten. Schade um das Thema Netzpolitik. Es scheint kaum jemanden zu interessieren. (Fast) jeder nutzt das Internet, aber keiner scheint sich Gedanken zu machen, dass es in dieser Form bedroht ist, dass Netzneutralität wichtig ist, dass Überwachung nicht ausgeweitet sondern eingeschränkt gehört, dass ein zeitgemäßes Urheberrecht wichtig wäre.
Ich glaube nach wie vor daran, dass wir eine netzpolitische und moderne bürgerrechtliche Kompetenz im Land und im Bundestag brauchen. Meine Stimme hatten sie.
Die FDP. Raus aus dem Bundestag. Schade um den bürgerrechtsliberalen Flügel um Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Ansonsten verzichtbar.
Alternative für Deutschland (AfD). Aus dem Stand 4,7%. Für mich eine Protestpartei und damit eine Eintagsfliege. Kann mich auch irren, habe mich mit der AfD bisher nicht beschäftigt, die Wahlplakate von denen fand ich aber hoch unsympathisch.