Zugegeben, eine reißerische Überschrift.
Der neue Golf-Geländewagen, der nicht Marrakesch heißen wird, wird in Deutschland gebaut statt im billigeren Portugal. Etwa 1000 Azubis von VW werden dafür übernommen und erhalten eine Beschäftigungsgarantie bis 2011. So weit, so gut. Jetzt aber der Haken: für die Arbeiter bedeutet das 20% weniger Lohn. Das ist nicht eben wenig. Die Löhne liegen damit nur noch auf Flächentarifniveau und erreichen nicht mehr die Höhe des Haustarifvertrags von VW.
Nun kann man einwenden, das solche luxuriösen Haustarifverträge ein Anachronismus sind und sich Unternehmen wie Volkswagen sowas nicht mehr leisten können. Mag sein. Die Probleme bei VW sind aber eher hausgemacht: durch schlechte Modellpolitik und den Zukauf teurer Luxusmarken.
Entscheidend ist: sehr gut bezahlte Arbeitsplätze in der Industrie waren Wohlstandszellen in der (alten) Bundesrepublik. Die dort angestellten Arbeiter konnten mit diesem Geld schöne Häuser bauen und Reisen unternehmen und Familien mit mehr als einem Kind gründen. Sie waren also gute Konsumenten, die wiederum Grundlage für eine Reihe anderer Arbeitsplätze waren. Faktisch geht hier das race to the bottom weiter.
Den Geländewagenschraubern bei VW fehlen jetzt 20% Lohn, die sie nicht mehr ausgeben können. Sie werden deshalb nicht verhungern oder schlecht leben. Nein, aber sie werden das Geld weniger locker ausgeben können. Damit die Binnennachfrage aber läuft, muss das Geld aber locker sitzen. Man kann sich nicht einerseits darüber beklagen, dass die teuren Autos nicht gekauft werden, andererseits eben jene Leute, die solche Autos kaufen könnten schlechter bezahlen, dass sie es nun nicht mehr können.
Das ist in meinen Augen eine Abwärtsspirale, die der Wirtschaft und der Gesellschaft gleichermaßen nicht gut bekommt. Geld muss fließen, Geld muss ausgegeben werden, Geld muss bei den Leuten locker sitzen. Aber das erreicht man nicht, in dem man Arbeiter und Angestellte immer schlechter bezahlt.
Das klingt wie Jammern auf hohem Niveau? Hohes Niveau ja, jammern nein. Vielmehr ist es die Befürchtung, dass wir dieses hohe Wohlstandsniveau nicht halten können in Deutschland. Wir werden es sicher nicht halten, wenn die Mehrheit der Arbeitnehmer immer weniger verdient und irgendwann nur noch soviel verdient, dass es für ein einfaches Leben ausreicht.