Irak: was soll man glauben?

Für den ehemaligen Übergangspemierminister im Irak, Allawi, sind die derzeitigen Zustände im Irak wie ein Bürgerkrieg:

Jeden Tag sterben 50 bis 60 Menschen, wenn nicht mehr. Wenn das kein Bürgerkrieg ist, dann weiß Gott allein, was ein Bürgerkrieg ist.

Im September 2004, als Allawi noch in Amt und Würden war und von der Regierung Bush getragen wurde, da klang das alles noch sehr viel optimistischer. Ein irakischer Journalist erklärt im Interview mit dem Morgenmagazin der ARD, die USA müssten nur schnell ihre Truppen abziehen, dann würde alles besser. Im Irak gäbe es derzeit kein normales Leben, die öffentliche Ordnung sei nicht wiederhergestellt worden, selbst die Wasser- und Stromversorgung sei schlecht. Selbst Benzin gäbe es kaum in einem Land mit den zweitgrößten Erdöllagerstätten.

Was ist also los? Panikmache? Bürgerkriegsähnliche Zustände scheint es weit überwiegend in Bagdad und Umgebung zu geben. Dort leben 5,5 Mio. der 26 Mio. Iraker (lt. Wikipedia). Das sind 21%. Würde also bedeuten, für 80% der Menschen könnte das Leben zumindest ohne Angst vor Anschlägen weitergehen.

Journalisten und Reporter scheinen sich aber nur in Bagdad aufzuhalten und nur von dort zu berichten. Ins Land rein geht offenbar keiner. Vom Alltag von Irakern fernab der Hauptstadt hört man wenig. Würde man von Deutschland nur aus Berlin berichten, ergäbe das sicher auch eine schiefes Bild von Deutschland.

Fakt ist, die Amerikaner haben – und hatten wohl auch nie – einen Plan für einen Irak nach dem Krieg. Aber ich tue mich schwer, vom „Chaos im Irak“ zu sprechen, wenn ich statt des Landes nur immer „Bagdad“ sehe.

Mir geht es nicht darum, denjenigen zuzustimmen, die meinen, dass alles besser sei als unter dem Diktator Hussein zu leben. Das ist Quatsch. Die Menschen interessiert in ihrem Alltag, ob sie genug zu Essen, ob sie Wasser und Strom haben, ob sie selbst ohne Angst um Leib und Leben sein können. Erst dann kommen Demokratie und politische Freiheiten. Aber offenbar schaffen es die USA (und nicht die Briten vergessen, die munter mitgemacht haben aber jetzt aus der Verantwortung entlassen werden) nicht, wenigstens diese Grundbedürfnisse der Menschen zu gewährleisten. Dazu kommt, dass der Irakkrieg den Terroristen und Fanatikern im Islam Zulauf beschert, weil dieser illegale Krieg eine ganz großartige Argumentationshilfe ist, warum der Westen böse ist. Oder kurz: der Krieg war nicht nur illegal sondern auch falsch.

Mir fehlt „das ganze Bild“ aus dem Irak. Manchmal schwingt mir zuviel Häme gegenüber den USA in der Berichterstattung über den Irak mit. Ich habe den Verdacht, dass auch (deutsche) Journalisten ganz gerne mal das Positive unter den Tisch fallen lassen.

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