Der nette Johannes B. Kerner, der seine Talkshowgäste mit dem Watte gepolsterten Samthandschuh anfasst und sich sofort entschuldigt, wenn eine Frage zu kritisch aufgefasst werden könnte, wirbt ja derzeit in TV-Spots und Print-Anzeigen für den Börsenstart des Billigfliegers Air Berlin. Da wird dann kräftig mit Testsiegen (Capital, Stiftung Warentest, ADAC) geworben und sagt der Onkel Kerner, der nur „auf Sieger setzt“, mit gehobener Augenbraue:
Fehlt nur noch: bester Börsenstart des Jahres.
Kerner ahnte wohl zur Zeit des Drehs des Spots noch nicht, wie sehr er recht hat. Denn nichts fehlt Air Berlin derzeit so sehr, wie das Zeug zum besten Börsenstart des Jahres: Das Unternehmen musste den Börsengang verschieben. Wohl deshalb, weil die Spanne für den Ausgabepreis zu hoch angesetzt war.
Kerner vermittelt allein durch seine onklige Art, die Aktie von Air Berlin sei ne ganz sichere Kiste und fast sowas wie eine Volksaktie. Und dem netten Herrn Kerner, wer will ihm denn nicht vertrauen?! Stattdessen ist das Ding eher eine Risikoaktie eines Unternehmens ohne Gewinn.
Nun man kann natürlich einwenden, die Menschen sollten wissen, das Aktien mit Risiken behaftet sind. Ja, sollte man auch. Aber warum nimmt man einen Menschen wie Kerner und macht gerade mit ihm Werbung für ein Risikopapier? Weil man das Vertrauen, dass die Leute dem Kerner entgegen bringen, für die Aktie nutzen will. Kerner macht das für Geld und seinen Kumpel, den Air-Berlin-Boss Hunold, wie schlecht die Leute nachher aus der Wäsche gucken, wenn der Börsengang in die Hose geht, ist ihm wohl eher wurscht. Soll er Leute zu Putenwurst und Tafelwasser überreden, aber bei riskanten Börsengängen wäre ein Stück Verantwortung angebracht.
Die Telekom Aktien wurden von ganz anderen Onkels als „super sicher“ und absolut steigerungsfähig angepriesen. Unter anderem auch von ein paar Profis der Finanzwirtschaft. Was folgte war ein klarer Kurssturzflug ins Bodenlose.
Mittlerweile hat die Telekom sich ja mächtig berappelt. Aber viele Kleinanleger haben damals in Panik verkauft und massive Einbußen hinnehmen müssen.
All zu viel würde ich deswegen nicht auf die Prognosen der Börsengurus geben. Aktien sind immer eine hochspekulative Sache. Die „sichere“ Aktie gibt es nicht. Wem das nicht klar ist, der sollte die Finger von so etwas lassen und besser zum Sparbuch greifen. Oder zumindest zum Fond.
Was die Sache so riskant macht? Ich kann ein Unternehmen nicht nach seiner jetzigen Finanzlage beurteilen wenn es morgen an die Börse geht. Denn ein Börsengang ist ja in erster Linie dazu da, um Geld ins Haus zu bringen.
Wenn ein Unternehmen durch den Börsengang einige hundert Millionen, oder je nach Volumen, sogar Milliarden an Cash in der Tasche hat, kann sich das mit den Umsätzen und Gewinn ganz schnell ganz drastisch ändern.
Natürlich in beide Richtungen. Entweder so wie bei der Telekom ins negative, wenn die Manager ganz böse gemogelt haben. Oder wie bei vielen anderen unternehmen ins positive. Air Berlin wäre nicht das erste Unternehmen das nach dem Börsengang erst so richtig in Fahrt kommt.
Ich prognostiziere jetzt mal ins Blaue: Wenn Air Berlin schlau ist und mit dem Börsengang genug einnehmen, dann können sie mit dem frischen Kapital die Preise im heiß umkämpften Markt der Billigflieger noch eine gewisse Zeit lang unten halten. Im Sinne von Air Berlin natürlich so lange, bis der Konkurrenz die Luft ausgeht.
Vor neuer Konkurrenz muss sich Air Berlin nicht wirklich fürchten. Denn Landegenehmigungen (sogenannte Slots) sind nicht so einfach zu bekommen, die Kapazitäten der Flughäfen sind schließlich begrenzt. Wenn Air Berlin dann die Slots der pleite gegangenen Konkurrenz aufkaufen kann, sind sie fein raus.
Ich würde aber trotzdem die Finger von Air Berlin Aktien lassen. Denn ein Flugzeugabsturz und die Aktien stürzen mit ab. Fliegerei ist ein recht sensibler Bereich der viel Vertrauen vom Kunden verlangt. Da kann man sich keine Pannen leisten. Ausserdem ist nicht zu erwarten das die Ölpreise irgendwann noch mal fallen werden. Grade in diesen Bereich wird vielen Billigfliegern die Luft ausgehen. Kerosin kann man nicht weg rationalisieren.