Coca-Cola, mangelnde Kritik und die Blogosphäre

Spreeblick-Johnny glaubt, er habe eine Wunde entdeckt. In der Blogosphäre. Doc Haeuslers Diagnose: mangelnde Fähigkeit, kritisch genug mit einem Thema umzugehen.

Das Thema ist Coca-Cola. Sponsor einer Fußball-WG und obendrein verdächtig, in Kolumbien mit Gewerkschaftsmördern gemeinsame Sache gemacht zu haben. Um die letzte Sache geht es Johnny: Er fühlt sich über diesen Punkt zu wenig informiert in der Blogosphäre, wenn das Thema Fußball-WG behandelt wird:

Ein schlichter Satz wie „mein Kumpel besucht übrigens morgen die WM-WG eines Konzerns, der sich derzeit mit einiger Kritik auseinandersetzen muss“ mit einem Link würde mir als Leser ja schon reichen. […] Nicht das Richten wünsche ich mir, sondern das Be-richten.

Nunja, einerseits hat Johnny recht, anderseits auch wieder nicht.
Es gab Berichte in Blogs über Coca-Cola und Kolumbien und Grundwasserbohrungen in Indien. Und das nicht nur in kleinen Blogs, die höchstwahrscheinlich nicht in seinem Feedreader sind, sondern z.B. auch an der Blogbar. Dort sogar mindestens zweimal. Hier hat Johnny in erster Linie schlecht recherchiert. Das gibt er ja auch selbst zu. Das Thema ist nicht neu (Übersicht bei Labournet), in der Presse wurde der Vorwurf schon häufiger behandelt, der Mordvorwurf stammt aus dem Jahre 2002, es gab immer wieder Aktionen gegen den Brausehersteller und im Juni wurde dann in USA Klage gegen Coca-Cola eingereicht. Blogger würden hier also keinen Skandal ausgraben, sondern lediglich weiter publik machen. Ist ja zugegebenermaßen eine wichtige Aufgabe und durch die Vernetzung eignen sich Blogs dafür vorzüglich.

Insofern hat Johnny also Unrecht, wenn er beklagt, es gäbe keine Behandlung der Sache in der Blogosphäre. Das Ausmaß der Behandlung ist angesicht des Gewichtes des Themas sehr gering, aber das Thema ist nicht neu und die Blogosphäre stürzt sich meist auf aktuell hochkochende Themen.

Recht hat Johnny aber wiederum auch. Denn in den den vielen Berichten rund um die Cola-Fußball-WG wurden die Mordvorwürfe nicht thematisiert, besonders nicht in Blogs von denjenigen, die selbst in dieser WG zu Besuch waren und dann über den Besuch bloggten. Das ist tatsächlich eine schwache Leistung. Die vielen bloggenden WG-Besucher haben sich wohl offenbar keine Mühe gemacht, sich über den Sponsor mal ein wenig zu informieren. Ein Blick in die Wikipedia hätte ja schon gereicht als Einstieg.
Die Kritik an der Brause-WG ging meist in die Richtung, dass sich Blogger kaufen lassen und sich zu billigen Contentnutten gemacht haben. Stimmt sicher auch, aber um wieviel schärfer, um wieviel bedeutender hätte die Debatte ausfallen können, wenn man die Mord- und Umweltverschmutzungsvorwürfe mit in die Diskussion einbezogen hätte? Vielleicht fehlt uns Bloggern noch das Gefühl, welche Themen wirklich wichtig sind und welche eher nicht. Jedem ist was anderes wichtig und von dieser Vielfalt lebt ja die Blogosphäre, aber manche Themen gehen ohnehin in Wellen durch seeehr viele Blogs (Abmahnungen beispielsweise).

Johnny muss sich aber bei aller Kritik an die eigene Nase fassen. In seinem Spreeblickverlag hat er das Politkblog lautgeben. Dort wäre eine geeignete Plattform gewesen, das zu thematisieren bzw. dort sollte er die Leute haben, die solche Dinge anpacken. Leider ist bei lautgeben seit einigen Monaten, nach dem Weggang einiger Blogger nicht mehr viel los. Es war ja mal anders.

Letztlich geht es um das Thema Relevanz von Blogs und wieviel Mehrwert sie im journalistischen Bereich bringen, wie hoch ihr Gewicht als Korrektiv zu schlampiger oder ungenügender Recherche der Presse sein kann.

2 Gedanken zu „Coca-Cola, mangelnde Kritik und die Blogosphäre

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