9Live, Call-In und der Nepp am Zuschauer

Mehrere Blogger beschäftigen sich seit einiger Zeit mit den unsäglichen Quizshows. Eigentlich sind es keine Quizshows, sondern Glücksspiele. Denn es geht gar nicht um Raten, sondern es ist pures Glück, wenn man in die Sendung gestellt wird. Die Grundprinzipien erklärt das Fuckup-Weblog: Entweder es sind einfache Rätsel und es wird über Stunden keiner durchgestellt oder es sind vermeintlich einfache Rätsel, die aber faktisch unlösbar sind, bei denen ständig Zuschauer durchgestellt werden.

Das Spielchen mit den einfachen Rätseln habe ich eine Zeit lang mal beim Vivaplusquiz beobachtet. Den Sender, Viva Plus, inklusive Quiz gibt es nicht mehr, auf dem Kanal Sendet jetzt Comedy Central und die Sendung heißt jetzt Money Express und läuft zeitgleich auch auf Viva. Produzent der Sendung ist nachwievor die Endemol-Tochter Callactive. Bei Callactive nennt man diese Art der Show euphemistisch „Partizipations TV“. Dem Zuschauer wird die Interaktivität aber nur vorgegaukelt, in Wahrheit soll er nur ausgenommen werden. Der Zuschauer soll nicht partizipieren, er soll anrufen und damit den Sender finanzieren. Das klappt auch prima, die Einnahmen und Renditen aus den Call-In-Formaten sind sehr gut.

Bei den einfachen Rätseln, die sich locker über 3 Stunden hinziehen können, kommt über die gesamte Sendezeit kein Mensch durch. Man braucht nur eine der offenen Leitungen treffen: „Triff Leitung 2, 4, 6, …, 18 oder 20 im richtigen Moment“. Wichtig ist hierbei nicht, wieviele offene Leitungen es gibt, allein entscheidend ist der Zusatz „im richtigen Moment“. Wann dieser ist, darüber wird der Zuschauer im Unklaren gelassen. Den richtigen Moment bestimmt wohl ein Redakteur. Wie sonst ist es zu erklären, dass über Stunden keiner durchkommt, aber dann, kurz vor Ende der Sendung, es noch jemand schafft?

Das Problem ist mit 9Live & Co. ist lange bekannt. Schon im Oktober 2003 schrieb Stefan Niggemeier darüber in der FAZ. In der ARD brachte das Verbrauchermagazin „plusminus“ im August 2004, das Medienmagazin „Zapp“ vom NDR im September 2004 einen Beitrag darüber. Die Landesmedienanstalt Bayern, die als zuständige Anstalt Aufsicht über 9Live hat, konnte damals, von „plusminus“ befragt, keinen Grund zur Beanstandung am Sender finden.

Die 15 Landesmedien haben sogar Gewinnspielregeln (PDF) festgelegt. Und man glaubt es ja kaum, wer an den Regeln mitgeschrieben hat:

9Live war bei der Formulierung und Ausgestaltung der Gewinnspiel-Regeln der Landesmedienanstalten maßgeblich beteiligt.

Noch Fragen?!

Stefan Niggemeier hatte sogar 16 an 9Live geschickt, davon wurden aber nur 2 beantwortet. Da hat sich der Herr Niggemeier einfach mal hingesetzt und knapp eine Stunde 9Live geguckt und das Gesehene und Gehörte abgetippt: 2 Moderatoren brüllen eine Stunde lang, dass die Sendung längst vorbei wäre und man jetzt schnell anrufen soll um Auto und Geld zu gewinnen. 2 Minuten vor Sendungsende, zig Countdowns, Lichtspiele und sonstigem Pippifax mehr später und 58 Minuten nach dem vorgesehen Sendungsende geht dann der Gewinn raus. Stefan Niggemeier nennt das Betrug.

Den täglichen Wahnsinn auf 9Live dokumentieren die Leute von call-in-tv.net. Die Seite sieht zwar ein bisschen verbastelt und seeehr grün aus, das tut der Sache aber keinen Abbruch. Die mitgeschnittenen Videos gibt es bei myvideo zu sehen.
Bleibt zu hoffen, dass es den Machern von call-in-tv.de nicht so geht wie den Kollegen von tvmatrix.net. Die mussten ihr Forum zum Thema Call-In-Sendungen nämlich schließen.

3 Gedanken zu „9Live, Call-In und der Nepp am Zuschauer

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