gegenseitige Rücksichtnahme

Wenn wir uns alle wieder ein bisschen beruhigt haben von den Protesten über ein paar Karikaturen einer dänischen Zeitung, dann sollten beide Seiten darüber nachdenken, wie man eine zukünftige Eskalationen dieser Art verhindern kann. Und damit es eben kein Kampf der Kulturen wird.

Fangen wir mit uns selbst an, also mit „dem Westen“. (Ich pauschalier jetzt absichtlich. Ich weiß, dass es auf beiden Seiten solche und solche Leute gibt. Die Aufgeregtheit der Debatte zeigt aber, dass die zurückhaltenden Menschen in der Minderheit oder zumindest leiser sind.):

  • Der Islam ist für die meisten von uns (mich eingeschlossen), trotz 2,5 Mio. in Deutschland lebender Türken, ein weitgehend unbekanntes Wesen. Wer wusste denn schon, dass es im Islam ein Darstellungsverbot für Mohammed gibt. Ich behaupte mal, dass auch viele Journalisten davon nichts wussten. Darum auch unsere Überraschung über die große Empörung im Nahen Osten wegen der an sich eher nichtigen Angelegenheit der paar Karikaturen.
  • Gegenseitige Rücksichtnahme. Wir müssen nicht absichtlich die Gefühle anderer Kulturen verletzten, auch wenn uns die Meinungsfreiheit das Recht dazu gibt. Wir müssen nicht alles machen, was möglich ist. Das Recht auf freie Meinung oder die Pressefreiheit leiden nicht, wenn wir auf dümmliche, verletzende Bilder, Karikaturen, Filme o.ä. verzichten. Trotzdem muss und darf man Missstände anprangern.

Natürlich muss es auf der anderen, der muslimischen Seite auch Anstrengungen geben:

  • Demonstrationen ja, Gewalt nein. Niemand hat was gegen Demonstrationen, aber das darf nicht in Gewalt und Zerstörung enden.
  • Die gemäßigten Kräfte, die sog. Reformkräfte müssen stärker aktiv werden. Es reicht nicht aus, immer nur zu beteuern, dass der Islam eine friedliche Religion sei. Den Radikalen, den Fanatikern darf man nicht das Feld überlassen, ihnen muss die Deutungshoheit entzogen werden. Diese Gruppe nutzt die Verschärfung des Klimas für eigene politische Zwecke aus.

Problematisch ist obendrein, dass es in islamischen Staaten keine Säkularisierung gibt, sondern der Koran dort auch integraler Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Somit ist jede Gesellschaftskritik auch immer gleich nah an einer Gotteslästerung, was Reformbewegungen nicht eben leichter macht. Bildung, Aufklärung, vielleicht sogar eine Reformationsbewegung im Islam könnten eine kritische Distanz zur eigenen Religion schaffen.

Für meine Begriffe sollte Religion eine Art privates „Hobby“ sein, eine Weltanschauung, eine Lebensphilosophie, aber kein unantastbares Wort Gottes. Das würde eine Menge Dinge vereinfachen.

Ein Gedanke zu „gegenseitige Rücksichtnahme

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