Einmal mehr: Blogs vs. Journalismus

Beim rebellischen Pseudonym entspinnt sich mal wieder eine recht lebhafte Diskussion Blogs vs. Journalismus. Don ist zwar selbst Journalist, hält aber von seiner Zunft nicht allzuviel. Kurz: alte Medien werden sterben, der Journalismus wird sterben, weil man sie nicht mehr braucht.

Der Kommentar von Sven Scholz dazu gefällt mir aber sehr gut:

solange die Journalisten nicht anfangen ihren Job zu machen (analysieren, Zusammenhänge zeigen, entlarven, erklären, und das alles möglichst unabhängig, und nicht nur den diversen Lobbies und Buzzern nach dem Maul schwätzen und selbst auf jede noch so durchsichtige Meinungsmache reinfallen und weitertragen) wird das nix mit dem „Beruf“ Journalismus. Denn Säue durchs Dorf treiben können die Blogger besser, und wenn es um Meinung und Subjektivität geht machen Journalisten schon von Natur aus keinen Stich. […]

Ist wie in der Politik, die macht sich auch obsolet, einfach, weil sie ihren Job (sich ums Gemeinwohl kümmern) nicht macht. Statt dessen spielt sie den Zuträger für eine Amok laufende Globalwirtschaft, Hand in Hand mit breiten Teilen des „professionellen“ Journalismus, und setzt sich damit ebenso wie letzterer von der „realen“ Welt ab. Und ist für diese eben dann in der Konsequenz – achtung, das R-Wort – nicht mehr relevant. Völlig unabhängig davon, ob es Blogs gibt oder nicht (mit Blogs fällt’s nur schneller auf)

Ich hoffe eigentlich nicht, dass der professionelle Journalismus zugrunde geht, dass die guten Zeitungen verschwinden werden. Aber die Zeitungen müssen anders aussehen, weniger abgeschriebene Agenturmeldungen (die krieg ich an jeder Ecke im Internet), dafür mehr investigativer Journalismus, mehr Recherche, mehr Hinterfragen. Sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit für Journalisten sein, oder?

Die Realität, jeder kennt es, sieht oft (nicht immer, es gibt auch investigativen, klugen, hinterfragenden Journalismus) anders aus. Statt Einordnung, Bewertung, kompetenter Analysen kriegt man flattrige und hektische Aufgeregtheit präsentiert. Jede Diskussion, jede Meinungsverschiedenheit wird zum „Streit“, überall „explodieren“ Kosten, Dinge werden gleich „dramatisch“ und Situationen sind sowieso immer gleich „bedrohlich“.

Ich mag Zeitungen, ich lese gerne die taz und die Süddeutsche. Ich mag es, wie die taz von anderen Medien vernachlässigte Themen anspricht, ich mag die Ausführlichkeit der Süddeutschen, ich lese in beiden Zeitungen gerne die Kommentarspalten. Ich fühle mich durch beide Zeitungen immer noch besser informiert als durch Blogs oder Spiegel Online.

Was Blogs können – und was sie nicht können

Blogs können (und werden, denke ich) eine Gegenöffentlichkeit bilden, eine Kontrolle der Presse. Sie werden eine nie dagewesene öffentliche und für jedermann lesbare Meinungsvielfalt darstellen. Aber sie können, weil sie von Privatleuten in ihrer Freizeit geschrieben werden, ohne die Infrastruktur und die nötigen Rechte von professionellen Journalisten, niemals die Kontrollfunktion übernehmen, die der Presse zufällt. Darum möchte ich nicht, dass der Journalismus den Bach runtergeht.

Ich möchte eine unabhängige Presse, eine kritische Presse, ein Presse, die im Dreck wühlt, die dort hinguckt, wo es dunkel ist und das helle Licht der Öffentlichkeit darauf lenkt. Dazu braucht es kompetente Journalisten einerseits, aber auch Verleger andererseits, die aus Zeitungen nicht möglichst viel Geld herausholen wollen und dafür Redaktionen zusammenstreichen. Analysen und Recherchen, beides kostet Geld. Wo das herkommen soll, weiß ich auch nicht. Ich aber auch kein Zeitungsverleger und ich zerbreche mir auch nicht deren Kopf.

Was ich oder wir nicht brauchen, sind hingegen Agenturmeldungen oder Pressetexte abschreibende Redakteure, Journalisten, die Politikerworte unhinterfragt ins Blatt bringen. Dann wird der Journalismus untergehen. Dann wird aber auch die Dummheit zurückkehren, dann regiert die PR. (Ich bin heute ein bisschen kulturpessimistisch. Muss auch mal sein.)

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