Ich wünschte mir, die jetzt klagenden Abgeordneten wären in anderen Situationen so engagiert für das „freie Mandat“ eingetreten wie jetzt bei der der Klage gegen die Offenlegung ihrer Nebentätigkeiten. Koalitionszwang, Fraktionsdisziplin und in Hinterzimmern ausgekungelte Gesetze wären gute Gründe, für ein freies Mandat zu kämpfen.
Das Grundgesetz spricht davon, dass Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen [sind]“. Da steht aber nicht, man darf als Abgeordneter die Zeit lieber in Aufsichtsräten, Beiräten, sonstigen Gremien oder in der eigenen Anwaltskanzlei verplempern.
Die Freiheit des Mandats wird aber jetzt interpretiert, dass es die Öffentlichkeit nichts angehe, wieviel ein Abgeordneter nebenbei noch so verdiene. Dabei geht es nicht mal um die genaue Höhe sondern nur um drei Kategorien: zwischen 1000 und 3500, bis 7000 oder mehr als 7000 Euro im Monat (!). Im Interview versucht Jörg van Essen, Geschäftsführer der FDP-Fraktion, die als gesamte Fraktion hinter der Klage steht, dann auch irgendwelche Gründe für die Klage anzugeben. So richtig gut gelingt es ihm nicht.
Wenn Freiberufler oder Rechtsanwälte ein Problem damit haben, dass jemand wissen könnte, wieviel sie mit ihrer Tätigkeit verdienen, dann sollen sie halt kein Abgeodneter werden. Es geht ja gerade darum, dass man mal nachgucken kann, wieviel Abgeordneter XYZ nebenher verdient. Darauf lässt sich dann nämlich auch schließen, was sein eigentlicher Nebenjob ist: das Mandat oder der Beruf.
Die Transparenz der Abgeordneten muss m.E. soweit gehen, dass nicht nur bezahlte Tätigkeiten veröffentlicht werden müssen, sondern sämtliche (auch ehrenamtlichen) Mitgliedschaften in Vereinen, Verbänden, Gremien, Beiräten etc. Für ein grundsätzliches Verbot von Nebentätigkeiten bin ich nicht.