Genauso hab ich mir die Arbeit von PR-Leuten vorgestellt: Ein paar mit wichtig klingenden englischen Titeln, auf dem Papier topausgebildete und sicher hochbezahlte Leute machen irgendwas. Machen viel Wind darum, basteln ein paar Diagramme und Grafiken und stellen dann ihr Ergebnis vor. Eigentlich haben sie von der Materie keine Ahnung und die Zahlen sind auch nicht belastbar, macht aber im Normalfall nichts. Der Kunde hat ja von der Materie noch weniger Ahnung, sonst würde er nicht für viel Geld externen (vermeintlichen) Sachverstand kaufen.
Diesmal ist alles anders. Man zeigt die Zahlen nicht in einem Konferenzraum mit einem runden Holztisch, Getränken und Knabbergebäck, sondern man macht sie öffentlich amtlich: die einflussreichsten Blogs in Deutschland, Frankreich und Italien. Schon die Grafik zu den Top-Ten-Blogs aus Deutschland enthält zwei Schreibfehler und zwei eher unbekannte Blogs. Hier wurde also gepfuscht.
Wie durchgängig der Pfusch ist, zeigt der Popkulturjunkie, der auch die deutschen Blogcharts aus den Technoratidatenbanken extrahiert. Wenigstens der Blogger und Edelman-Angestellte Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach („Der Haltungsturner“) gibt Fehler zu und entschuldigt sich. Erklären kann (oder will) er den Pfusch allerdings auch nicht. Blödsinn aus meiner Sicht ist es allerdings, die Zahlen jetzt nachträglich als „vorläufig“ darzustellen. Eine Profi-Agentur geht nicht mit falschen Zahlen an die Öffentlichkeit und lässt dann die Fehler wie in einem Betatest vom Publikum herausfinden. Selbst vorläufige Zahlen, so man sie veröffentlicht, sollten tendenziell richtig sein. Wie der PKJ aber zeigt, ist der Fehler in der Edelman-Statistik grundsätzlicher Natur.
Halten wir fest: ein PR-Agentur erstellt Statistiken. Schon bei weniger genauem Hinsehen erkennt man Fehler, die sich bei genauerem Hinsehen als grobe Pfuscherei und heiße-Nadel-Stickerei entpuppen.
Stellt sich mir die Frage: arbeiten die immer so und fällt es sonst nur nicht auf, weil die Empfänger der Zahlen ahnungslos von der Materie sind?
(Über Sinn und Unsinn von Blogcharts lässt sich streiten. Auch darüber, ob man aus der Anzahl der Links eine wie auch immer geartete Relevanz oder einen Einfluss innerhalb der Blogosphäre herauslesen kann. Man auch wunderbar darüber streiten, wie zuverlässig die Zahlen von Technorati überhaupt sind angesichts der nicht seltenen Ausfälle des Pingservices dort. Wie zuverlässig kann überhaupt eine Statistik sein, die auf unzuverlässigen Rohdaten basiert?)
Nachtrag (16.10.06): Letzten Donnerstag gab es bei Edelman eine schon länger angesetzte Gesprächsrunde, die anders geplant war und jetzt also kleines Krisengespräch umfunktioniert wurde. Mit dabei waren Johnny Haeusler, Felix Schwenzel, Nico Lumma, Jens Schröder als Blogger und Peter Hirshberg von Technorati und David Brain von Edelman Europe.
Aus der (mitgefilmten) Diskussion (lesenswert nacherzählt beim Blogruf) wurde eine Präsentation von Technorati durch Technorati, die erste halbe Stunde des Videos war todlangweilig, der Rest soll nicht besser sein. Schlechte Arbeit bleibt einfach schlechte Arbeit, da helfen auch viele Worte und langatmige Präsentationen nicht. Die Präsentation wirkte routiniert, so macht man das wohl immer bei den PR-lern, eine Diskussion war nicht erwünscht, ist wohl auch nicht üblich, der Kunde will Zahlen haben. Nur saßen hier keine Kunden am Tisch, sondern Vertreter des Untersuchungsmaterials „Blogosphäre“.
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