Nachdem eine Gruppe wackerer sächsischer SPDler das BKA-Gesetz vorerst gestoppt haben, frohlockt die „Zeit“ bereits, das könnte das Ende des Ausnahmezustandes sein, in dem sich die sog. Sicherheitspolitik nach 9/11 befindet. Seitdem sind von Schily und Schäuble einerseits Bürgerrechte ab- und staatliche Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen in einem Ausmaß aufgebaut worden sind, die vorher nicht denkbar und vor allem politisch nicht durchsetzbar gewesen wären. Dazu bedurfte es einem herbeigeredeten Ausnahmezustand wie dem „Kampf gegen den Terrorismus“. Doch nun sollen kommen die Parlamentarier wieder zu Sinnen gekommen sein und die „intellektuelle Lust am Ausnahmezustand“ (Verfassungsrichter Udo Di Fabio) wird nun verschwinden.
Ich halte die Einschätzung der „Zeit“ für verfrüht. Das BKA-Gesetz ist ziemlich glatt durch den Bundestag gegangen, kein CDU/CSUler hat widersprochen und nur 10% der SPD-Abgeordneten haben mit Nein gestimmt. Und hätte die Sachsen-SPD nicht auf einem Parteitag gegen das Gesetz gestimmt, wäre das BKA-Gesetz wohl auch durch den Bundesrat gegangen. Jetzt liegt es im Vermittlungsausschuss und es werden hier und da ein paar – wohl eher kosmetische – Veränderungen reingeschrieben. Ansonsten werden wir auch weiterhin im nächsten Jahr ein neues BKA in Deutschland haben.
Vielleicht werden Teile des Gesetzes (Onlinedurchsuchung bspw.) noch vom Verfassungsgericht gekippt. Ebenfalls gestrichen oder mindestens eingeschränkt wird vermutlich die Vorratsdatenspeicherung. Von der Politik ist allerdings in dieser Hinsicht kein Zurückrudern erkennbar.
Außerdem: alle beschlossenen Maßnahmen der letzten 7 Jahren haben bereits genügt, um den Ausnahmezustand zu manifestieren. Das neue BKA ist jetzt das Tüpfelchen auf dem i. Mehr braucht man nicht, die sog. Sicherheitspolitiker haben eine Menge erreicht, die können es verkraften, wenn sie jetzt eine kleine Pause einlegen müssen. Selbst wenn man jetzt politisch in den nächsten Monaten und Jahren nichts mehr weiter durchgesetzt bekommt, mit dem Ergebnis der letzten Jahren können Schily, Wiefelspütz, Schäuble und Co. prima leben.
Die Finanz- und die dräuende Wirtschaftskrise mögen das Thema Terror als potenten Angstmacher verdrängt haben, verschwunden ist er (der Angstmacher) nicht. Die nächsten Möchtegernbombenbauer in der Provinz werden – orchestriert von der Presse – wieder als Beweis der Notwendigkeit von noch mehr Überwachung und weniger Freiheitsrechten herangezogen werden.
Erst wenn die verschärften Gesetze der letzten Jahre zurückgenommen werden würden, wenn nicht jeder Bürger von vornherein als potentieller Terrorist angesehen würde, dann könnte man davon sprechen, dass das Ende des Ausnahmezustandes gekommen ist. Danach sieht es aber nun ganz und gar nicht aus.
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