Gleich nach seinem Amtsantritt hat Obama die Folterei durch die CIA beenden lassen. Aber die Verantwortlichen brauchen sich dafür nicht zu verantworten.
Geht es nach Obamas Willen, müssen CIA-Agenten wegen harter Verhörmethoden gegen Terrorverdächtige nicht mit Strafverfolgung rechnen – solange sie bloß Befehle und Memo-Anweisungen der höchsten Bush-Regierungsebene ausgeführt haben. Mehr noch: Sie sollen kostenlose anwaltliche Hilfe bei möglichen Strafverfahren im Ausland oder bei Kongress-Untersuchungen erhalten und vor Schadenseratzforderungen geschützt werden.
„Wir werden diese Verhörtechniken in der Zukunft nicht nutzen. Aber wir werden in jedem Fall jene verteidigen, die sich auf Befehle verlassen haben“, resümiert Geheimdienstkoordinator Dennis Blair zufrieden. „Sie können völlig sicher sein, dass ich Sie verteidigen werde, wenn Sie die Nation verteidigen“, schreibt CIA-Chef Leon Panetta seinen Mitarbeitern am Tag der Präsidenten-Entscheidung.
Ich finde es falsch, dass man die Befehlsgeber nicht zur Verantwortung ziehen will. Die Ausrede, dass die Folterer sich ja nur an geltendes US-Recht gehalten haben und damit darauf können müssen, dass ihnen nun nach dem Regierungswechsel nichts passiert, zieht nicht. Folter verstößt gegen internationales Recht (explizit gegen die UN-Antifolterkonvention, die auch die USA ratifiziert haben). Es geht also nicht darum, dass jetzt plötzlich etwas illegal ist, was vorher legal war. Erst durch die seltsame Rechtsbeugung der Bush-Regierung wurde der Eindruck erweckt, als wäre Waterboarding und ähnliches legal. Wenigstens diese Rechtsbeuger müssten zur Verantwortung gezogen werden. (Die Memos, mit denen die Foltermethoden legalisiert wurden, wurden von Obama zur Veröffentlichung freigegeben .)
Ich bin in diesem Fall enttäuscht von Obama, dass er die Folter auf sich beruhen lassen will. Die obigen Aussagen vom Geheimdienstkoodinator und dem CIA-Chef zeigen deutlich, dass man zwar nicht mehr foltert, weil er zur Zeit politisch nicht erwünscht ist, der Geist hat sich aber nicht verändert. Dort ist keine Spur von Unrechtsbewusstsein zu erkennen.
Nachtrag (21.04.09): Offenbar sollen die Befehlsgeber doch nicht straffrei ausgehen.
Die Amnestie betrifft ja in erster Linie mal diejenigen, die sonst unter die Räder kommen: Die Befehlsempfänger die in der Regel die wenigsten Möglichkeiten haben sich den Befehlen zu widersetzen.
Nachdem die Folter nun quasi von Obama zugegeben wurde (Bush hatte ja immer bestritten das gefoltert wurde), frage ich mich warum die UN und andere Staaten nichts gegen die BefehlsGEBER unternehmen. Bush hatte immer gesagt das auf die Gefangenen von Quantanamo die Rechtsstaatlichen Mittel (z.B. das Recht auf einen Anwalt) nicht zutreffen würde weil es Kriegsgefangene seien. Demnach müssten nun die Befehlsgeber eigentlich so langsam mal vor das internationale Kriegsverbrechergericht in Den Haag gebracht werden. Aber da tut sich nun auch wieder nichts.
Die Amnestie betrifft eben beide: die Befehlsgeber und die Befehlsempfänger. Letztere stehen ganz unten in der Befehlskette und müssen sich in der Tat darauf verlassen können, dass die ihnen erteilten Befehle rechtens sind. Aber warum man die Rechtsbeuger im Justizministerium und der CIA unangetastet lässt, verstehe ich nicht. Man kann nicht einfach sagen: Schwamm drüber, wir machen sowas jetzt mehr, was in den letzten Jahren gelaufen ist, war eine Schweinerei aber jetzt gucken wir nur nach vorn und wollen nicht in alten Wunden wühlen. So gefällt mir Obamas „change“ dann nicht mehr.
Das mit dem Internationalen Strafgerichtshof könnte schwer werden. Die USA haben die Ratifizierung zurückgezogen, die US-Behörden dürfen nicht mit ihm zusammenarbeiten und gefangen genommene Amis müssen befreit (!) werden.
Die wussten schon damals ganz genau, warum sie den Strafgerichtshof torpedieren.
Die von Obama ausgesprochene Amnestie betrifft diejenige, die Befehle erhalten haben. Die Befehlsgeber sitzen viel weiter oben, die benötigen keine Amnestie.
Ich meine, ok. Was wäre denn gewesen wenn man die CIA-Agenten zur Rechenschaft gezogen hätte? Man hätte sie bestraft und gut ist. Geholfen ist damit erstmal niemanden. Aber was würde es denn für die Zukunft bedeuten? Niemand würde mehr ohne weiteres Befehle befolgen. Auf den ersten Blick ist das natürlich ganz was tolles. Würde sich so doch ganz viel Unrecht in dieser Welt schon im Vorfeld verhindern lassen.
Es würde aber auch die Befehle beeinflussen, die Sinn machen. Im Großen und Ganzen würde es sämtliche Hierarchien torpedieren da nun niemand mehr sicher sein kann das er nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden kann, weil er das getan hat was man ihm gesagt hat.
Schön wäre es wenn jeder für seine Taten die Verantwortung übernehmen würde. Am besten bevor er sie ausübt. So funktioniert diese Welt aber nicht. es gibt Bereiche und es wird immer Bereiche geben in denen Menschen blind Befehlen folgen müssen damit ein Vorhaben klappt. Das fängt schon bei so alltäglichen Dingen wie einer Baustelle an. Ich habe früher auch mal versucht mehr Mitbestimmung und Eigenverantwortung auf der Baustelle einzuführen. Das führte aber zwangsläufig irgendwann zum Chaos. Mitbestimmen wollen nämlich viele, Verantwortung übernehmen leider nur wenige. Und am Ende war ich dann der Dumme.
Es bleibt also nur eins übrig, die politisch Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Und das kann dann nur langfristig über diplomatische Wege erfolgen. Wobei es schon eine amüsante Vorstellung ist das die USA in den Niederlanden einmarschiert um einen „Gefangenen Amerikaner“ zu befreien.
Man müsste die Sache also anders angehen. Zum Beispiel Firmen boykottieren in denen politisch Verantwortliche im Aufsichtsrat sitzen oder ähnliches. Nur da beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn diejenigen die dies veranlassen könnten, die Politiker, wären dann Richter, Henker und Verurteilte in einer Person. Denn letzten Endes sind ja auch sie „politisch Verantwortliche2 und würden sich wohl kaum ihren eigenen Galgen zimmern.
Bestrafungen helfen niemals. Aber eine Sanktionierung zeigt an, dass etwas (in diesem Fall Folter) falsch war.
Natürlich funktioniert ein hierarchisches System nur, wenn nicht jeder Befehl in Frage gestellt wird. Aber mindestens in den oberen Hierarchieebenen erwarte ich soviel mitdenkenden Verstand, dass man Befehle von noch weiter oben nicht einfach ausführt, sondern auf offensichtliche Rechtsverstöße hin abklopft. Und man muss seinen Verstand schon sehr auf Sparflamme stellen, um im Waterboarding keine Folter zu erkennen.
Da hat es eine Menge Leute gegeben, die die Legalisierung der Folter geplant und umgesetzt haben. Von denen bleiben alle unbescholten? Ist das nicht auch denjenigen ungerecht gegenüber, die dabei nicht mitgemacht haben und aus der Hierarchie entfernt wurden (ich hab keine Zahlen und konkrete Beispiele, kann mir allerdings auch nicht vorstellen, dass da alle mitgezogen sind bei der Rechtsbeugung)? Die haben damals Verantwortung gezeigt, also müssen jetzt auch die Mitläufer zur Verantwortung gezogen werden.
Mit einer Amnestie wird ja gerade die Antwort auf die Frage nach der Verantwortlichkeit von vornherein verhindert. Es gibt ja gar keine Chance mehr zu gucken, bis wohin eigentlich die Verantwortlichkeit reicht und wer sich wirklich nur auf die Befehlskette berufen kann.