Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat heute mal wieder ein Urteil (Langfassung) gesprochen, das die Freiheitsrechte der Menschen stärkt und den Staat in seine Schranken verweist.
Mit der Entscheidung wurde ein Teil des „Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ für nichtig erklärt. Der beanstandete Teil befugte die Polizei zu umfangreichen Abhörmaßnahmen, auch bevor jemand eine Straftat begangen hatte oder kurz bevorstand.
Neben handwerklichen Fehlern (fehlende Zitierung eines GG-Artikels, Kompetenzüberschreitung bei der Gesetzgebung zwischen Bund und Land), gibt es insbesondere zwei Gründe, warum das Gericht das Gesetz zu Fall brachte:
a) Die weite Ermächtigung des § 33a Abs. 1 Nr. 2 und 3 Nds.SOG zur Verhütung und zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten wird dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Die Telefonüberwachung nach § 33a Abs. 1 Nr. 2 Nds.SOG setzt voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass jemand in der Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird. Das Gesetz setzt nicht einen konkreten, in der Entwicklung begriffenen Vorgang, dessen Planung oder eine Vorbereitungshandlung voraus. Es genügt die auf
Tatsachen gegründete Annahme, dass jemand Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird.b) Die angegriffenen Normen genügen auch nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. […] Einbußen an grundrechtlich geschützter Freiheit dürfen nicht in unangemessenem Verhältnis zu den Zwecken stehen, denen die Grundrechtsbeschränkung dient.
Soll also heißen: das Gesetz ist zu unpräzise, so pauschal kann man nicht einfach fast jeden abhören (Bestimmtheitsgebot). Und: mit der Lauscherei schießt man mit Kanonen auf Spatzen. (Verhältnismäßigkeit)
Am niedersächsischen Lauschgesetz kann man wieder einmal sehr schön erkennen, dass staatliche Behörden in jedem Bürger erst einmal einen potentiellen Kriminellen sieht, den es zu überwachen gilt. Am besten auf Schritt und Tritt. Jedes Wort möchte man mitschneiden. Wer nichts zu verbergen hat, hat doch auch nichts zu befürchten, lautet die Devise.
Vielleicht habe ich nichts zu verbergen. Aber darum geht es doch auch gar nicht. Der Staat hat mich solange in Ruhe zu lassen, bis ich etwas gesetzwidriges tue. Dann fällt das jemandem auf, dann darf er ermitteln, dann darf er mich bestrafen. Aber er darf mich nicht bespitzeln, um zu gucken, ob nicht eventuell doch was Krummes mache.
Vergessen wir nicht, wir leben in einer Demokratie, in einer Republik. Alles was an Staat vorhanden ist, muss für den Bürger arbeiten, nicht gegen ihn. Die Sache mit dem „Souverän“ hatten wir ja neulich erst.
Und nicht zuletzt ist es ein Wink mit dem Zaunpfahl an all diejenigen, die gerne eine Vorratsdatenspeicherung umsetzen würden.