Onlinedurchsuchung und das neue Computergrundrecht

Ich möchte mir ja nicht vorwerfen lassen, ich würde über das für nichtig befundene Gesetz zur Onlinedurchsuchung nichts schreiben. Ja, das ist war ein wichtiges Urteil gegen staatliche Überwachungswut. Dieses Urteil hat uns außerdem noch eine neues Grundrecht gebracht: Das „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“.

Ich bin allerdings skeptisch. Die (heimliche) Onlinedurchsuchung ist weiterhin in bestimmten Fällen erlaubt. Es sind aber immerhin hohe Hürden zu überspringen. In den Leitsätzen zum Urteil liest sich das dann so:

2. Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Überragend wichtig sind Leib, Leben und Freiheit der Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt. Die Maßnahme kann schon dann gerechtfertigt sein, wenn sich noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Gefahr in näherer Zukunft eintritt, sofern bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall durch bestimmte Personen drohende Gefahr für das überragend wichtige Rechtsgut hinweisen.

Die Hürden „konkrete Gefahr“, „überragend wichtige Rechtsgüter“, „im Einzelfall“ und „bestimmte Personen“ klingen hoch. Aber dann steht dort eben auch was von „hinreichender Wahrscheinlichkeit“ und „näherer Zukunft“.

Eine wolkig formulierte „allgemeine Terrorgefahr“ dürfte erstmal nicht ausreichen, um heimlich Rechner zu durchforsten. Andererseits wurden Terrordrohungen schon öfter als ziemlich konkret dargestellt – und hinterher war gar nix. Da Terrorwarnungen aus dem Geheimdienstumfeld kommen, wird schwer zu prüfen sein, wie konkret die Gefahr denn nun ist bzw. war.

Ich bin allgemein skeptisch, wie sich das Gesetz in der Praxis bewährt. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beispielsweise ist zwar auch ziemlich toll, wird aber nicht nur durch staatliche Datensammelei (Vorratsdatenspeicherung, biometrische Daten, automatische Autokennzeichenerkennung etc. pp.), sondern auch durch eigenes Verhalten faktisch immer mehr zurückgedrängt und es fällt schwer, noch Herr über die eigenen Daten zu sein.

Nun muss man sich angucken, was aus dem Urteil gemacht wird, wie das neue BKA-Gesetz, dass auch einen Passus über Onlinedurchsuchung enthalten wird, aussehen wird.

Eine Linkliste mit Reaktionen auf das Urteil  findet man bei netzpolitik.org.

Ein Gedanke zu „Onlinedurchsuchung und das neue Computergrundrecht

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