Frau Kraft und der gemeinwohlorientierte Arbeitsmarkt

Die Aufregung um Hannelore Krafts Vorschlag vom Wochenende hat sich gelegt, nachdem bemerkt worden ist, dass Frau Kraft nicht den Westerwelle macht.
Den Anfang machte Spiegel Online, der mit der Überschrift „SPD-Vize Kraft fordert gemeinnützigen Einsatz von Hartz-IV-Empfängern“ suggerierte, die Kraft will Hartz-IV-Empfänger zum Straße fegen verpflichten. Aber das stimmt so nicht. Der im Interview mit dem „Spiegel“ geäußerte Vorschlag zielte darauf ab, nicht vermittelbaren Arbeitslosen ein Angebot einer Beschäftigung zu machen, damit diese nicht zu Hause rumsitzen. Dafür solle ein „gemeinwohlorientierter Arbeitsmarkt“ geschaffen werden, die Arbeitslosen bekommen einen „symbolischen“ Lohn, aber die Beschäftigung ist – im Gegensatz zu den 1-Euro-Jobs – langfristig angelegt.

Nachdem das alles bekannt war, legte sich die Aufregung und damit leider auch die ganze Diskussion. Dabei ist das Gesagte es inhaltlich durchaus wert, diskutiert zu werden. Darin wird nämlich der Traum von der Vollbeschäftigung begraben bzw. es wird vorsichtig angedacht, wie mit der zahlenmäßigen Diskrepanz zwischen vorhandenen Arbeitsplätzen und Arbeitskräften umgegangen werden könnte. Nämlich über einen öffentlichen Beschäftigungsektor.

Dennoch sind Vorschläge etwas unausgegoren bzw. in sich nicht schlüssig. Frau Kraft will Menschen dort für einen symbolischen Betrag arbeiten lassen, wo andere regulär angestellt sind. Also einerseits fegen die Leute von der Stadtreinigung die Straße und daneben stehen die „ehrenamtlichen“ Straßenfeger. Oder im Altersheim sitzen die angestellten Buchvorleser neben den „ehrenamtlichen“ Buchvorlesern. Wie soll das funktionieren? Warum dann nicht die Sache zu Ende denken und den öffentlichen Beschäftungssektor ausweiten? Arbeit ist ja genug da, nur sind das häufig keine marktfähigen Jobs.

Oder man will das wirklich über die ehrenamtliche Schiene machen. Dann muss man die Menschen – alle, nicht nur die Arbeitslosen! – in die Lage versetzen, sich aus freien Stücken zwischen der klassischen Erwerbsarbeit und dem nebenbei-ein-bisschen-was-tun-Ehrenamt zu entscheiden. Das geht nur über ein entsprechend hohes bedingsloses Grundeinkommen.

2 Gedanken zu „Frau Kraft und der gemeinwohlorientierte Arbeitsmarkt

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  2. Patricia

    Hm, einfach ist das nicht. Ich find es zwar auch nicht richtig, wenn die Leute sich auf ihrem Arbeitslosengeld ausruhen, aber wenn Leute für 1 Euro arbeiten müssen, obwohl sie mehr Arbeitslosengeld bekommen würden, ist das auch Quatsch. Ich wär dafür, dass man zwar Arbeitslosengeld bekommt, aber sich dafür ehrenamtlich engagieren muss, ohne dadurch Nachteile zu bekommen. Ich verstehe zum Beispiel auch nicht, dass man sogar später bei einer Altersteilzeit Nebenbeschäftigung eine Hinzuverdienstgrenze hat, was ich auf dem Blog gelesen habe. Wer sich seine Rente aufstocken möchte und etwas dafür tut, muss doch eigentlich unterstützt werden.

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