Kausalitätsnonsens: Warum Frauen nicht arbeiten gehen

Denken wir mal kurz nach. Was könnte ein Grund sein für eine vermeintlich zu geringer Frauenerwerbsquote, was könnte also Frauen vom Arbeiten abhalten? Hmm. Zu geringe und zu abeitszeitunfreundliche Kinderbetreuungsangebote, zu wenige Teilzeitstellen auch in höherqualifizierten Bereichen und geringer Beschäftigungswille von Arbeitgebern für Frauen mit Kindern würden mir da spontan einfallen. Und natürlich die allgemein hohe Arbeitslosigkeit.

Wenn man allerdings wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion* ist, dann fällt einem als wichtigste und deshalb schon bald abzuschaffende Gründe die kostenlose Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse und die Höhe der Witwenrente ein:

Die Leistungen sorgten indirekt für eine niedrige Frauenerwerbsquote, begründete Wend seinen Vorstoß. Dies sei heutzutage aber nicht mehr im Interesse der Frauen. Die Vergünstigungen sorgten dafür, dass trotz überdurchschnittlich guter Schul- und Berufsbildung bei Frauen Talente brach lägen, sagte Wend.

Die Frauen sitzen zu Hause, freuen sich auf ihre Witwenrente und darüber, dass sie ohne zu bezahlen zum Arzt gehen können, und suchen sich deshalb keine Arbeit. Jaha, die von der SPD, die sind ganz nah dran an den Menschen. Hat ja vor kurzem auch der Steinbrück bewiesen mit seinem Urlaubssparvorschlag.

Ich frage mich, und zwar jetzt mal ganz ehrlich und ohne Ironie: wie kommt der Mann auf sowas? Wie kommt man dazu, solche nichtigen Gründe als zu beseitigende Ursachen für eine geringe Frauenerwerbsquote zu halten und das dann auch noch öffentlich zu erzählen? Steht der morgens auf und sagt sich „Hey, die Witwenrente und die Mitversicherung, die werden bestimmt die Frauen vom Arbeiten abhalten, da muss man doch was tun!“? Wenn alle anderen oben genannten und weitaus gewichtigere Ursachen beseitigt sind, dann könnte ich solche Kinkerlitzchen verstehen.

Wenn es ein Testballon zur Abschaffung der Familienversicherung war, dann hat der Herr Wend ihn aber mit der denkbar dämlichsten Begründung gestartet.

(Sollte ich mich noch aufregen über solche Vorschläge? Die Idee kam immerhin vom wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion und Wirtschaftsausschussvorsitzenden des Bundestages. Das ist ja kein Hinterbänkler. Mich wundert ärgert der offenkundige Kausalitätsnonsens (©) im Wendschen Vorschlag)

* Mal am Rande: Warum eigentlich wird ein Jurist wirtschaftpolitischer Sprecher und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses? Sollte das nicht besser ein Wirtschaftswissenschaftler, ein Unternehmer o.ä. machen?

3 Gedanken zu „Kausalitätsnonsens: Warum Frauen nicht arbeiten gehen

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