Die Taz und ihre Polizisten-Müll-Kolumne: zweierlei Maß

Eigentlich ist zum Text von Hengameh Yaghoobifarah in der Taz „All cops are berufsunfähig“ alles gesagt. Inhalt kurz und nur leicht überspitzt zusammenfasst: Polizisten sind Faschos und gehören deshalb auf den Müll. Die Kritik daran – die ich teile -: der Text ist menschenverachtend.
Den vielleicht besten Kommentar dazu schreibt Thomas Fischer in seine Kolumne bei Spiegel Online.

Überrascht war ich allerdings, wer den Text und besonders mit welchen Argumenten verteidigt. Nehmen wir nur mal exemplarisch Margarete Stokowski mit ihrem Kolumnen-Text, ebenfalls bei Spiegel Online (nebenbei bemerkt: ein schönes Beispiel für Meinungsvielfalt auf einem Nachrichtenportal!)

Argument 1: In der Polizei gibt es wirklich üble Leute, die Minderheiten gleich welcher Art schlecht behandeln. Und das alles sind keine Einzelfälle!
Argument 2: Das war doch bloß Satire. Wer das nicht erkennen kann ist blöd oder böswillig!
Argument 3: Innenminister Seehofer gefährdet mit seinem Nachdenken über eine Anzeige die Pressefreiheit. Und das geht nun gar nicht!

Fangen wir mit Argument 3 an. Die Anzeige war tatsächlich ein Fehler von Seehofer. Mittlerweile hat er das auch eingesehen und sie nicht erstattet. Warum das von Anfang eine Schnapsidee war – siehe Fischers Kolumne.

Weiter mit Argument 2 – war ja bloß Satire. Das ist doch die Paradeentschuldigung vom rechten Rand seit Jaaahren: war alles nicht so gemeint, hihi, war Satire, hat man doch gesehen … wer das nicht erkennt, ist blöd.
Die Argumentation ist bei den Rechten falsch – und sie ist es auch bei den Linken. Nein, der Text ist keine Satire und kann auch nicht hinterher, wenn man merkt, was für einen Mist man da geschrieben hat, zu einer umgedeutet werden.

Argument 1 ärgert mich am meisten: Ja, natürlich gibt es problematische Polizisten, die sich nicht an die Regeln halten oder diese sehr weit dehnen und ein Problem mit Minderheiten haben. Und ja, das sind auch in der Gesamtschau der letzten Jahre und nach Schilderung von Betroffenen keine Einzelfälle mehr. Aber das alles ist doch Argument für einen derartigen menschenverachtenden Text. Leute, wenn ihr anklagen wollt, dann diejenigen, die etwas falsch gemacht haben. Oder wenn das System falsch läuft, kritisiert Strukturen. Aber doch keine Menschen, die in der überwiegenden Zahl gute und vor allem notwendige Arbeit leisten. Wir brauchen doch nicht noch mehr pauschalen Vertrauensverlust in die Polizei (zu der sie fraglos ihren Teil beigetragen hat) und nicht noch mehr Öl ins Feuer einer Debatte über Fehlverhalten von Polizisten. Es hat für niemanden einen Mehrwert, wenn die Institution des Gewaltmonopols weiter an Vertrauen verliert. Das Konzept von Gewaltmonopol beinhaltet nämlich essenziell das Vertrauen in dieses.

Wer – zu Recht – Gewalt, Ausgrenzung, zunehmende Aggression in der Gesellschaft beklagt, darf diese nicht herbeischreiben oder gut finden, nur weil es die vermeintlich richtigen trifft. Macht einfach die Gegenprobe: setzt für „Polizisten“ „Feminstinnen“ ein. Ist der Text dann immer noch okay? Nein? Dann ist er in der Originalversion nicht okay.
Wer – zu Recht – bei anderen hasserfüllten und brutalen Texten davor warnt, dass „aus Worten Taten folgen“ werden, der kann nicht an anderer Stelle Menschenverachtung dulden oder verteidigen. Gegen wen auch immer! Diesen Minimalkonsens – die Würde des Menschen – dürfen wir nicht aufgeben.

Das darf man nicht tun. Tut man es doch, verliert man seine eigene Glaubwürdigkeit.

Funfact am Rande: Hengameh Yaghoobifarah hat nun selbst um Polizeischutz gebeten. Nicht funny: dass es soweit kommen muss. Auch nicht funny: das Polizisten sich für diesen Einsatz offenbar in Müllmännerkluft werfen wollten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.