Archiv der Kategorie: netzkulturelles

Im Internet ist jeder verdächtig

Der nächste Schritt in Richtung Überwachungsstaat Präventionsstaat:

die Bundesregierung [befürwortet] die Forderung der Länder, dass Anbieter von Tele- und Mediendiensten auch für Präventionszwecke Bestands- und Nutzungsdaten herausrücken sollen. Der Bundesrat hatte sich dafür eingesetzt, dass die Provider Auskunft über Informationen wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen auch für die „vorbeugende Bekämpfung von Straftaten“ zu geben haben.

Mit dem Vorschlag werde zudem die unterschiedliche Eingriffsintensität von Zugriffen auf Bestandsdaten einerseits und Nutzungsdaten andererseits verkannt, beklagt die GDD weiter. Ein Zugriff auf Bestandsdaten wie Name oder Anschrift eines Surfers sei – solange er nicht in Verbindung mit einem konkreten Telekommunikationsvorgang stehe – weniger intensiv als der Zugriff auf Daten der Internetnutzung. Diese gäben Aufschluss über das „Surf-Verhalten“ und unterlägen deswegen strengeren Eingriffsvoraussetzungen beziehungsweise im Regelfall einer richterlichen Anordnung.
(heise online, 27.10.06)

Wenn es ums Internet geht, bricht der Kontrollwahn aus. Obwohl niemand was Ungesetzliches getan hat, könnten Behörden seine Daten anfordern. Klingt für mich wie eine Einladung zum Missbrauch. Sieht da einer noch die Prinzipien wie Verhältnismäßigkeit oder Unschuldsvermutung gewahrt?

Spiegel Online und Korea

Mittlerweile gibt es Zweifel am erfolgreichen Atomtest Nordkoreas. Das ist eine interessante Wendung, könnte uns allen Nordkorea doch verarscht haben. Das hat man auch überall kapiert und berichtet darüber.

Bei Spiegel Online dominieren nach wie vor reißerische Überschriften und Teaser:

spon korea

Neben einer sozialistischen Propagandazeichnung, auf der ein roter Soldat den US-amerikanischen Kongress zerstört, präsentiert SpOn keinen Artikel, der die Wendung im Bedrohungsszenario zum Thema hat. Stattdessen „neue Drohungen aus Nordkorea“, Drohung vor „Zündung einer Atomrakete“, „Angst“ vorm „Atombasar“ usw. usf. Stimmungsmache statt Information: Nordkorea ist der nächste böse Bube und wir müssen jetzt alle ganz dolle Angst haben. Erst in den Artikel selbst wird es seriöser und ausgewogener. Außenpolitik war bisher nach meinem Empfinden eher noch die Stärke von SpOn. Zum Thema Nordkorea fehlen mir aber hier Einordnungen und Einschätzungen, auch von Fachleuten, die sich mit dem Land und Atomwaffen auskennen.

Spiegel Online fällt mir immer häufiger negativ auf mit seiner Berichterstattung. Die Überschriften werden boulevardesker, tendenziöser, reißerischer. Die Artikel sind immerhin manchmal besser als die Überschriften vermuten lassen. Das Girl meint, SpOn sei geschwätzig. Ja, das trifft es wohl ganz gut. Belanglosigkeiten, Skandalisierungen, Dramatisierungen und Boulevard.

Klick & Knast

„Wir haben leider durch das Bundes- Verfassungsgericht in den letzten Monaten einige Einschränkungen hinnehmen müssen“, sagte Schünemann der Netzeitung mit Blick auf die Rasterfahndung, den so genannten Lauschangriff und die präventive Telefonüberwachung. „Dass diese Maßnahmen von den Richtern teilweise eingeschränkt wurden, hat das Aufspüren von islamistischen Terroristen nicht gerade erleichtert“, kritisierte der CDU-Politiker. „Das ist bedauerlich, weil eine effektive Terrorbekämpfung erschwert wird.“
(Niedersachsens Innenminister in der Netzeitung, 11.10.06)

Tja, so ist das mit dem Rechtsstaat. Der darf halt nicht alles, was man für die Verbrechensbekämpfung gerne hätte. Und das ist auch gut so. Ich bin sehr froh, dass es das Bundesverfassungsgericht (BVG) gibt, sonst würden sog. Sicherheitspolitiker gänzlich durchdrehen.

Hintergrund der Nörgelei ist die Festnahme eines „Terrorverdächtigen“ durch eine präventive Telefonüberwachung. Diese Überwachung auf Verdacht hin hatte das BVG verboten. Um zu einem Terrorverdächtigen zu werden reicht es außerdem aus, wenn man ein paar Botschaften von Osama bin Laden verbreitet. Werden seine Botschaften nicht auch bei Al Dschasira und CNN verbreitet?

Die Botschaften wurden ja auch über das Internet verbreitet und das ist schließlich was ganz böses, das weiß auch der Schünemann. Das ist sogar so böse, dass sogar schon das Anklicken einer Seite von vermeintlichen Terroristen schon wie Kinderpornografie bestraft werden soll:

„Das Herunterladen von Hassbotschaften aus dem Internet sollte ein eigener Straftatbestand werden.“

Irgendwie verwischen hier ganz gewaltig die Begriffe und das ist wohl auch so gewollt. Propagandisten, also diejenigen, die radikale Schriften verbreiten, werden nicht mehr als solche bezeichnet sondern gleich mal als „Terroristen“ eingestuft. Differenzierungen verkomplizieren Sachverhalte ja auch nur unnötig.
Was meint der Herr Schümann überhaupt mit „Herunterladen“? Jeder Aufruf mit dem Browser ist im Grunde ein Herunterladen einer Datei. Also würde schon ein Klick, auch zu Informationszwecken (es soll ja Leute geben, die sich einfach nur über die religiösen Spinner informieren wollen) auf eine islamistische Propagandaseite reichen, um ins Gefängnis zu wandern.

Propagandisten, sofern sie rechtswidrige Dinge (Volksverhetzung, Aufruf zu Gewalt etc.) von sich geben, gehören beobachtet und am Ende auch bestraft – als Propagandist, nicht als Terrorist, soviel Differenzierung muss noch möglich sein. Dass das auch im Internet passieren muss, versteht sich eigentlich von selbst. Bestraft werden sollte dann der Urheber, nicht derjenige, der auf die Seite raufklickt.

Telekom-Rechnung Online mit Virus

Die aktuellen Virenmails, die im Anhang angeblich die neue Rechnung haben, sind gar nicht mal schlecht gemacht. Zumindest sehr unverdächtig auf den ersten Blick. Schon deshalb, weil viele ja tatsächlich ihre Rechnung per Mail (Rechnung online) bekommen. Und der Virenscanner springt auch nicht an, obwohl die Signatur von gestern abend ist.

Der Text ist in passablem Deutsch verfasst, nur Umlaute gibt es keine. Der Text der Mail ist zwar grundverschieden von den richtigen Rechnungsmails, aber plausibel:

Guten Tag,
die Gesamtsumme fur Ihre Rechnung im Monat August betragt: 8500 Euro.

Sind Sie Unternehmer und benotigen unsere Rechnung zur Geltendmachung von Vorsteuerabzug? Bitte beachten Sie dann, dass Sie seit 29.12.2004 die Moglichkeit haben, Ihre Rechnung per E-Mail mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu erhalten. Sie konnen diese im Bereich „personliche Einstellungen“ aktivieren.
Sollten Sie dem Finanzamt bisher eine von Ihnen zusatzlich beauftragte Rechnung in Papierform zum Vorsteuerabzug vorgelegt haben, bitten wir au?erdem zu beachten, dass wir Ihnen diese nur noch in Form eines „Rechungsdoppels“ bieten konnen, da nur so vermieden werden kann, dass T-Com mehrere Rechnungsoriginale ausstellt.

Antworten auf Ihre weiteren Fragen zur digitalen Signatur finden Sie auch in unseren FAQs unter dem Stichwort „Digitale Signatur“.
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RECHNUNG ONLINE – TIPP DES MONATS
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Die aktuellen Top-Angebote der Deutschen Telekom finden Sie unter: www.t-com.de/aktuell.
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Bei Fragen zu Rechnung Online oder zum Rechnungsinhalt klicken Sie bitte unter www.t-com.de/rechnung (oben links) auf „Kontakt“.

Mit freundlichen Gru?en
Ihre T-Com
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Ok, plausibel bis auf die Summe 8500 Euro.

„Waaaas? Aaaaachttausendfünfhunderteuro?! Das muss ich mir gleich mal angucken, wofür die Telekomiker soviel haben wollen.“

Dann klickt man auf den Anhang, der eine Datei mit der Endung .pdf.zip hat. Windows blendet bei mir immerhin das Symbol für Archive ein, wenn ich die Datei speichere. Das ändert sich, wenn man den Inhalt entpackt. Dann hat die Datei die Endung .pdf.exe und Windows zeigt das PDF-Symbol an. Standardmäßig sind bei Windows die Dateiendungen ausgeblendet, Otto-Normaluser klickt wohl jetzt sorglos auf das vermeintliche PDF und hat schwuppst einen Virus, Trojaner, Backdoor, Keylogger oder ähnliches Kroppzeuch auf seinem Rechner.

Opel und Blogs – Die Fortsetzung

Beim Opel Astra ließ Opel 4 Blogger bloggen. Das gab ziemliche heftige Auseinandersetzungen über Käuflichkeit und Glaubwürdigkeit von Blogs. Opel zeigte sich trotzdem „zufrieden“ mit der Aktion, eine baldige Wiederholung sei aber eher unwahrscheinlich. Stattdessen macht Opel das mit dem Blogdings beim Antara nun selbst.

Zusätzlich sucht Opel über die Readers Edition zwei „unabhängige, kreative und objektive Live-Reporter“, die über die Vorstellung des neuen Modells berichten sollen.

Jörg-Olaf im Haifischbecken

Da ist er aber tapfer ins Haifischbecken gesprungen, der Jörg-Olaf. Im Becken tummeln sich gefräßige Gegner GEZ-Gebühren-Erhebung auf PCs.

Ich spring zwar nicht mit ins Becken, aber vom Beckenrand aus rufe ich ihm zu: ja, du hast recht. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört auch ins Internet. Die Infoangebote der Privaten kann man knicken und nur SpOn will man ja auch nicht lesen. Gerade das Angebot der ARD und der Stream fast aller ö-r Radiosender rechtfertigt die Radio-GEZ-Gebühr für PCs. Sollte es beim Fernsehen mal ähnlich sein. Ich halte die ganze Debatte ansonsten für reichlich aufgeblasen, denn kaum jemand muss mehr bezahlen als zuvor.

Tröpfelndes Wissen

Am letzten Samstag saßen in Berlin auf dem Bebelplatz 112 Denker an einem großen Tisch und gaben Antworten. Auf 100 Fragen, die die Menschheit bewegen. Sagen die Macher des Projektes „Tröpfelndes Wissen“ (droppingknowledge.org). Macht 11.200 Antworten.

Die Website ist für’n Arsch. Die Antworten sind als Flashseiten realisiert, man kann keinen der Denker direkt verlinken. Ich kann auch keine Liste der Fragen oder Liste der Antwortenden finden. Die Liste der „Visionäre“ hab ich nun versteckt unter „About Us“ gefunden. Eine Liste der 100 Fragen vom Samstag kann ich immer noch nicht finden. Stattdessen kann ich die Antwortenden wie auf einem Glücksrad rotieren lassen. Die Antwortfilme dauern dann ewig, bis sie geladen sind. Mitmachen kann man irgendwie auch, aber dazu hab ich schon keine Lust mehr, weil die Seite dermaßen verbastelt ist, dass es keinen Spaß macht, sich dort länger aufzuhalten.

Sowas kommt wohl heraus, wenn Künstler (die drei Gründer sind welche) etwas Bedeutendes machen wollen: sie laden gute hundert vermeintliche Visionäre an den Tisch, von denen man kaum jemanden kennt und lässt sie dann Antworten auf Fragen in eine Kamera sprechen. Dann packt man das ganze auf eine nahezu unbedienbare Webseite und lässt die Leute hilflos durch Videos und Flashanimationen stolpern.

Heraus kommt gar nichts. Besonders keine lebende Bibliothek, wie es der Anspruch der Seite sein soll. Wenn eine Bibliothek so unaufgeräumt und ungeordnet wäre, dann würde keiner was finden und das Wissen würde in den Regalen vergammeln. Da würde das Wissen dann nicht mal mehr tröpfeln.

Lass dich inspirieren

Wenn ein Romanautor gesellschaftliche oder menschliche Abgründe beschreiben will, braucht er entweder Phantasie oder Inspiration. Dazu kann er Menschen zuhören, die ihm in der Kneipe oder sonstwo was erzählen. Es geht aber auch einfacher: er schaut sich in den Online-Beichten von Lifechurchum.

Gedacht ist die die Seite als Internetbeichstuhl, aber warum sollte sie sich außer aus voyeuristischen Motiven nicht auch zu eher guten Dingen zweckentfremden lassen.

[via: Spiegel Online]

Fotos, selbst gezeichnet

Fotos kann man nicht nur (digital oder analog) knipsen, sondern auch am Computer zeichnen. Das Ergebnis ist von echten Fotos hinterher kaum zu unterscheiden. Sie sehen zwar allesamt wie nachbearbeitete Fotos aus, die Oberflächen sind einfach zu glatt. Aber trotzdem erstaunlich, wie realistisch man mit Grafikprogrammen zeichnen kann.

Dann braucht man bald keine Cover-Models nachbearbeiten, sondern kann sich das Wunschmodel dann am Computer zurechbasteln.

[via: Computerbase]