Obama will also seinen Geheimdienst nicht an die Kette legen und die Reformen haben eher kosmetischen Charakter. Hat jemand etwas anderes erwartet? Und was ist eigentlich mit den Briten und deren Lauschereien? Fragt eigentlich mal jemand – sozusagen über den kurzen EU-Dienstweg – bei David Cameron nach, ob er seinem Geheimdienst das Spionieren verbieten wird? Die Antwort wäre die gleiche wie die von Obama.
Regierungen – egal welche – sind auf keinen Fall bereit, auf einen Geheimdienst, auf einen Nachrichtendienst, der ihnen direkt unterstellt ist und der sich weitgehend parlamentarischer und erst recht öffentlicher Kontrolle entzieht, zu verzichten. Sie werden sich dieses Instrument exekutiver Macht nicht wegnehmen lassen. Mehr zu wissen als der (politische) Gegner – darauf verzichtet keiner freiwillig.
Die deutsche Bundes- und die Landesregierungen machen es übrigens nicht anders. Wir haben ja unseren eigenen Geheimdienstskandal, der sich in nur einem Vokal vom amerikanischen unterscheidet: die NSU-Affäre. Eine unglaubliche Aneinanderreihung von Unfähigkeiten und Ekligkeiten tritt dort zutage. Da gärt und fault es gewaltig in der geheimen Dunkelheit. Die Aufklärung ist unendlich schwierig, Verfassungsschutz und Regierung mauern, wo sie nur können. War man auf dem rechten Auge blind? Mag sein, aber die Unfähigkeit setzt sich ja nahtlos in der NSA-Affäre fort: internationale Geheimdienste spionieren offenbar an unseren Geheimdiensten, deren Aufgaben eben auch die Spionageabwehr ist, vorbei. Entweder war das Unfähigkeit oder man wusste davon und wollte nichts verhindern – was spätestens mit dem Abhören des Kanzlerhandys als unwahrscheinlich gelten darf.
Was für Konsequenzen folgen daraus? So gut wie keine. Oder anders gesagt: Genausoviel, wie Obama jetzt verspricht: kosmetische Veränderungen an den Geheimdiensten und am Führen von V-Leuten, hier und da werden Leute ausgewechselt, ein Geheimdienstinsider soll im Kanzleramt die Geheimdienste besser koordinieren (was auch immer das heißen mag) und das Parlamentarische Kontrollgremium soll (!) mehr Kompetenzen bekommen. Das System als solches wird hingegen kaum – abseits von Teilen der Grünen und Linken – in Frage gestellt. Die Auflösung der unnützen und sogar schädlichen Dienste wird nicht mal ernsthaft diskutiert. Eine Demokratrisierung, die durchgängige Transparenz – was faktisch einer Abschaffung von Geheimdiensten gleich käme – steht seitens der Regierung und der sie stützenden Parteien im Bundestag auch nicht zur Debatte. Auch das Nichtreagieren der Regierung in dieser Sache erklärt sich dadurch, dass man die Schnüffelei in der Tat nicht sooo schlimm findet und die ganze Aufregung in (Teilen) der Bevölkerung nicht nachvollziehen kann. Als Exekutive macht man das nämlich jeden Tag selbst und kriegt regelmäßig die Berichte zu lesen.
Die ganze Diskussion um die NSA ist unehrlich. Einerseits will man von Regierungsseite überhaupt keine Affäre sehen und hält alles für mehr oder weniger unbewiesene Behauptungen und nutzt dieses Argument ja auch, um zu erklären, warum man sich so handzahm gegenüber den USA gibt. Andererseits stellt man die eigenen Geheimdienste nicht in Frage, mault aber rum, wenn Obama seine Geheimdienste nicht einschränken will. Freiwillig wird keine Regierung ihr letztes unreguliertes und nahezu unkontrolliertes Spielzeug hergeben. Das werden wir als Bürger uns erstreiten und erkämpfen müssen.